Drucksache 17/13000
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wird die Datensparsamkeit nicht als Grundsatz aufgeführt. Es entsteht vielmehr der Eindruck, dass der Grundsatz der Erforderlichkeit kaum mehr beinhaltet als das
Verbot exzessiver Datenverarbeitung.
Als weiterer Grundsatz sollte die Verpflichtung aufgenommen werden, dass bei der Verarbeitung personenbezogener Daten immer die technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Datenschutz einzuhalten sind.
In sprachlicher Hinsicht sollte es in Art. 4 lit. a) auch in
der deutschen Fassung „Fairness“ bzw. „faires Verfahren“
anstelle von „nach Treu und Glauben“ heißen.
Unterscheidungen nach Kategorien von Betroffenen,
Richtigkeit und Betroffenheit (Art. 5 und Art. 6 )
Der Entwurf sieht vor, dass die Mitgliedstaaten bei der
Verarbeitung personenbezogener Daten sowohl im Hinblick auf verschiedene Personenkategorien (Verdächtige,
verurteilte Straftäter, Zeugen, Opfer etc., Art. 5) als auch
im Hinblick auf die Richtigkeit und Zuverlässigkeit der
Daten (Art. 6) – so weit wie möglich – Unterscheidungen
vorzunehmen haben. Unterscheidungen nach anderen
Kriterien, die für das deutsche Recht maßgeblich sind,
sieht der Entwurf nicht vor. Dabei geht es beispielsweise
um die Frage, ob der Eingriff den Kernbereich der persönlichen Lebensgestaltung berührt oder die Daten aus
besonders einschneidenden Grundrechtseingriffen (Telekommunikationsgeheimnis, Unverletzlichkeit der Wohnung) herrühren. Damit das erreichte und nach deutschem
Verfassungsrecht unabdingbare Schutzniveau erhalten
bleiben kann, sollte die Richtlinie Mindeststandards und
keine Obergrenzen für mitgliedstaatliche Regelungen regeln.
Sowohl in Art. 5 als auch in Art. 6 bleibt offen, was aus
den vorzunehmenden Unterscheidungen bzw. was aus
dem Unterlassen der Unterscheidung folgen soll. Die
Konferenz befürwortet insbesondere engere Grenzen für
die Verarbeitung von Daten zu bestimmten Personengruppen (z. B. Opfer oder Zeugen von Straftaten).
Rechtmäßigkeit der Verarbeitung (Art. 7)
Artikel 7 enthält die zentrale Vorschrift zur Bestimmung
der Rechtmäßigkeit von Datenverarbeitungen. Dabei bedarf die in Art. 7 getroffene Unterscheidung zwischen
lit. a), b), c) und d) nach Auffassung der Konferenz der
weiteren Erläuterung.
Ebenfalls erläuterungsbedürftig ist das Zusammenwirken
dieser Vorschrift mit den in Art. 4 aufgeführten Prinzipien
der Datenverarbeitung, insbesondere im Hinblick auf den
Grundsatz der Zweckbindung.
Die Konferenz begrüßt, dass eine Einwilligung als Legitimation für die Datenverarbeitung im Bereich der Richtlinie ausgeschlossen ist. Ihre Anwendung ist von der Konferenz wiederholt infrage gestellt worden, insbesondere
dann, wenn dadurch die Grenzen der gesetzlichen Befugnisse erweitert werden sollen.
BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Kapitel III – Rechte der betroffenen Personen
Rechte der Betroffenen (Art. 10 – 17)
Umfangreiche Rechte der Betroffenen sind wesentlich für
ein hohes Datenschutzniveau. Um den Richtlinienentwurf
zu einer geeigneten Grundlage für die Erweiterung der
Betroffenenrechte in den Mitgliedstaaten zu machen, bedarf es einzelner Klarstellungen und Änderungen.
Besonderer Klärungsbedarf besteht im Hinblick auf
Art. 17 i. V. m. Erwägungsgrund 82. Der Konferenz ist
weder klar, in welchen Fällen Art. 17 anwendbar ist,
noch, welche Folgen die Anwendbarkeit von Art. 17 hat.
Die Auslegung wird zudem dadurch erschwert, dass die
deutsche und die englische Fassung („Gerichtsbeschluss“
oder „Gerichtsdokument“/„judicial decision or record“)
unterschiedliche Interpretationen nahe legen. Eine Klarstellung ist in dieser Frage von besonderer Bedeutung,
weil davon letztlich abhängt, ob und inwieweit die Betroffenenrechte während des gesamten staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens gelten.
Nach Auffassung der Konferenz sollten die in den
Art. 11 – 16 gewährten Rechte grundsätzlich auch im Bereich des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens Anwendung finden. Mindeststandards bezüglich der Ausgestaltung der Betroffenenrechte zählen zu den zentralen
Elementen eines hohen Datenschutzniveaus und müssen
auch bei der Verarbeitung personenbezogener Daten
durch Staatsanwaltschaften gelten.
Darüber hinaus sind die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, die Betroffenenrechte einzuschränken, zu weitgehend. Als nicht vertretbar sieht die Konferenz die Regelungen in Art. 11 (5) und Art. 13 (2) der Richtlinie an. Sie
eröffnen dem Gesetzgeber die Möglichkeit, bei bestimmten Datenkategorien die Information bzw. die Auskunftserteilung an den Betroffenen per se auszuschließen, ohne
dass eine Abwägung im Einzelfall erfolgen muss. Es
sollte vielmehr in Art. 11 und 13 klargestellt werden,
dass Einschränkungen stets nur nach Prüfung des Einzelfalls zulässig sind.
Es ist nachvollziehbar, dass die Information des Betroffenen bzw. sein Auskunftsrecht in bestimmten Fällen (zunächst) beschränkt werden muss. Die Beschränkungen
müssen allerdings in der Richtlinie hinreichend konkret
bestimmt werden. Insofern werfen die Art. 11 (4) und
Art. 13 (1) erneut Fragen auf. Sie eröffnen einen zu weiten Spielraum für den nationalen Gesetzgeber, die Rechte
der Betroffenen einzuschränken.
Die Information der betroffenen Person über die Erhebung personenbezogener Daten sollte zudem unverzüglich (d. h. ohne schuldhaftes Zögern) erfolgen. Die Angabe „innerhalb einer angemessenen Frist“ in Art. 11 (3)
lit. b ist insoweit zu unbestimmt.
In Art. 15 sollte klargestellt werden, ob unter einem „Korrigendum“ eine Richtigstellung zu verstehen ist.
Zudem sollte der Richtlinienentwurf dahingehend ergänzt
werden, dass den Betroffenen in geeigneten Fällen neben
dem Auskunftsrecht auch ein Akteneinsichtsrecht zu gewähren ist.