Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
11.1.4
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Stellungnahme bei Beschlüssen des
Gemeinsamen Bundesausschusses –
eine neue Aufgabe
Seit dem 1. Januar 2012 ist mir bei Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener oder personenbeziehbarer Daten regeln oder voraussetzen, Gelegenheit
zur Stellungnahme zu geben.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wird von den
Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutschen
Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund
der Krankenkassen gebildet. Er beschließt insbesondere
die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen und verbindlichen Richtlinien über die Gewährung
für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche
Versorgung der Versicherten. Er legt damit fest, welche
Leistungen der medizinischen Versorgung von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden. Darüber hinaus beschließt er Maßnahmen der Qualitätssicherung für
den ambulanten und stationären Bereich des Gesundheitswesens. Im Einzelnen sind seine Aufgaben im Fünftem
Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) geregelt.
Seit Anfang 2012 hat mir der G-BA – nach § 91 Absatz 5a
SGB V – bei Beschlüssen, die die Erhebung, Verarbeitung
oder Nutzung personenbezogener oder personenbeziehbarer Daten regeln oder voraussetzen, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Diese Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gesetzgeber hat sich zu
dieser Regelung entschlossen, da bei Beschlüssen und
Richtlinien des G-BA „die Erhebung, Verarbeitung und
Nutzung personenbezogener oder -beziehbarer Daten eine
immer größere Rolle“ spielen und deshalb „eine frühzeitige Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Aspekte …
sicherzustellen“ ist (Bundestagsdrucksache 17/6906 S. 68).
Im Rahmen dieser neuen Aufgabe habe ich u. a. Stellung
genommen
– zur redaktionellen Gestaltung von Richtlinien und den
„Tragenden Gründen“, nicht zuletzt, um die datenschutzrechtlich relevanten Regelungen auch für verständige Laien nachvollziehbarer zu gestalten,
– dazu, dass Regelungen durch den G-BA selbst zu treffen sind und eine Subdelegation an eine beteiligte
dritte Stelle nicht in Betracht kommt,
– zur Statthaftigkeit einer vorgesehenen Datenerhebung
nach dem SGB V und
– zur Zulässigkeit einer Datenerhebung aufgrund einer
Einwilligung.
Die Prüfung und Stellungnahme zu den teilweise komplexen und sehr umfangreichen Beschlussvorlagen des G-BA
binden als neue Aufgabe in meinem Hause erhebliche
personelle Ressourcen, die für anderweitige wichtige
Aufgaben nicht mehr zur Verfügung stehen.
11.1.5
Das Lichtbild auf der Gesundheitskarte
Die Aufforderung ihrer gesetzlichen Krankenkasse, ein
Lichtbild für die neue elektronische Gesundheitskarte
Drucksache 17/13000
(eGK – vgl. Nr. 4.1) zu senden, stieß bei vielen Betroffenen auf Kritik.
Im Berichtszeitraum erreichten mich zahlreiche Eingaben
zu diesem Thema. Im „Gesetz zur Modernisierung der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG)“ vom 14. November 2003 (BGBl. I
S. 2190) war bereits festgelegt worden, dass die Krankenversichertenkarte u. a. ein Lichtbild enthalten muss
(§ 291 Absatz 2 SGB V). Von Gesetzes wegen hätte „die
Erweiterung der Krankenversichertenkarte um das Lichtbild … spätestens bis zum 1. Januar 2006 … erfolgen“
müssen (§ 291 Absatz 2 a. E. SGB V). Die Aufnahme des
Lichtbildes soll die eindeutige Zuordnung der Krankenversichertenkarte zum jeweiligen Karteninhaber verbessern,
um damit Missbrauch zu verhindern (Bundestagsdrucksache 15/1525 S. 143). Später erfolgte eine gesetzliche Einschränkung insofern, als Versicherte bis zur Vollendung
des 15. Lebensjahres sowie Versicherte, deren Mitwirkung bei der Erstellung des Lichtbildes nicht möglich ist,
eine Krankenversichertenkarte ohne Lichtbild erhalten.
Über § 291a Absatz 2 Satz 1 SGB V muss ein Lichtbild
auch auf der neuen eGK (vgl. Nr. 4.1) sein.
Insoweit darf die zuständige Krankenkasse nach § 284
Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V die Bilddaten ihrer
Versicherten erheben und speichern, da dies für die Ausstellung der Krankenversichertenkarte auch in Form der
elektronischen Gesundheitskarte erforderlich ist. Auf die
Frage, wie lange die Bilddaten gespeichert werden dürfen, regelt § 304 Absatz 1 Satz 1 SGB V i. V. m. § 84 Absatz 2 SGB X: Sozialdaten sind danach zu löschen, wenn
ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der
Annahme besteht, dass durch die Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden. Da
die zuständige Krankenkasse aufgrund des bestehenden
Versicherungsverhältnisses verpflichtet ist, im Falle des
Defektes oder Verlustes eine Ersatzkarte auszustellen, erlischt die Pflicht, die Bilddaten zu speichern, endgültig
erst mit der Beendigung des Versicherungsverhältnisses.
Zu diesem Zeitpunkt muss die gesetzliche Krankenkasse
die gespeicherten Bilddaten löschen.
In einem erstinstanzlichen Urteil hat das Sozialgericht
Düsseldorf entschieden, dass die eGK in der vorgesehenen Form nicht auf verfassungsrechtliche Bedenken stoße
(Urteil vom 28. Juni 2012 – S 9 KR 111/09 –). Das Urteil
bezieht sich nach Aussagen des Gerichts zunächst auf die
jetzt in Umlauf gebrachte eGK, die lediglich die bisherige
Krankenversichertenkarte ersetzt. Nach Presseberichten
hat der Kläger gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.
11.1.6
Externe Beratungsstellen der Krankenkassen – Nicht alle Informationen sind
zulässig
Eine große Krankenkasse berät ihre Mitglieder per Telefon nicht nur über Tarife und versicherungsrechtliche
Fragen, sondern auch bei gesundheitlichen Problemen.
BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012