Drucksache 17/13000
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die gesetzliche Regelung erlaubt Privatpersonen die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis nur für bestimmte Zwecke,
die bei einer Anfrage darzulegen sind, zum Beispiel, um wirtschaftliche Nachteile abzuwenden, die daraus entstehen
können, dass Schuldner ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Dennoch ist es derzeit vorgesehen, dass
bereits nach Eingabe eines Nachnamens und des zuständigen Vollstreckungsgerichts eine Ergebnisliste mit allen Personen angezeigt wird, auf die diese beiden Kriterien zutreffen. Da Vollstreckungsgerichte jeweils zentral für ein Bundesland eingerichtet sind, erhielte die anfragende Person bei einer Vielzahl von zu erwartenden Namensgleichheiten
auch Einsicht zu Angaben über Schuldner, deren Kenntnis sie zum angestrebten Zweck nicht benötigt.
Es ist zu befürchten, dass beispielsweise Vermieter Mietinteressenten nicht berücksichtigen, weil im Schuldnerverzeichnis namensgleiche Personen stehen und es ihnen zu mühsam oder zu schwierig erscheint, anhand weiterer Angaben zu prüfen, ob es sich beim Mietinteressenten tatsächlich um eine der eingetragenen Personen handelt. Auch aus
der Sicht der Gläubiger ist die Anzeige von derart umfangreichen Ergebnislisten wenig hilfreich, denn um den auf die
Anfrage bezogenen Datensatz aus der Liste auswählen zu können, müssen ohnehin weitere Daten wie zum Beispiel
der Vorname bekannt sein. Da es für Geschäftspartner erforderlich ist, mehr als nur den Nachnamen und den Sitz des
zuständigen Vollstreckungsgerichts voneinander zu kennen, ist es auch nicht unangemessen, eine Einsicht von vornherein von weiteren Angaben abhängig zu machen.
Aus Sicht des Datenschutzes ist eine Anzeige von Schuldnerdaten, die nicht vom legitimen Abfragezweck erfasst
werden, zu vermeiden. Deshalb halten es die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder für notwendig, bei
der Regelung der Einsicht in das Schuldnerverzeichnis die zwingende Angabe weiterer Identifizierungsmerkmale
vorzusehen.
8.13
Ausweitung des elektronischen
Rechtsverkehrs
Spätestens ab 2022 sollen nach einem Regierungsentwurf
an allen Gerichten elektronische Dokumente eingereicht
werden können und insbesondere Rechtsanwälte und Behörden verpflichtet werden, den elektronischen Zugang zu
nutzen. Einige datenschutzrechtliche Fragen sind dabei
noch nicht befriedigend geklärt.
Der Grundstein für die Öffnung der Gerichte für die elektronische Kommunikation wurde 2001 mit dem Gesetz zur
Anpassung der Formvorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr (BGBl. I S. 1542) gelegt. Bundesregierung und Landesregierungen erhielten die Möglichkeit, in
ihren Bereichen elektronische Dokumente zuzulassen, was
bisher nicht in allen Ländern und Gerichtszweigen in
gleichem Maße genutzt wurde.
Der am 19. Dezember 2012 beschlossene Regierungsentwurf zum elektronischen Rechtsverkehr enthält – abgesehen von der Strafgerichtsbarkeit, für die es einen gesonderten Entwurf gibt – für alle Gerichtsbarkeiten Regelungen,
die spätestens bis 2022 bei allen Gerichten elektronische
Dokumente zulassen. Ab 2022 wären zudem insbesondere
Rechtsanwälte und Behörden verpflichtet, Dokumente ausschließlich elektronisch einzureichen. Privatpersonen
bliebe auch künftig die Möglichkeit der Dokumentenvorlage in Papier.
Da im gerichtlichen Verfahren zahlreiche sensible personenbezogene Daten übermittelt werden, darf die Kommunikation zwischen Parteien und Gericht nur auf sichere
Weise erfolgen. Dies setzt die Gewährleistung von Authentizität, Integrität und Vertraulichkeit voraus. Authentizität und Integrität der Daten wird in dem Gesetzentwurf
Rechnung getragen, während Regelungen zur Vertraulichkeit fehlen. Auch wenn sich die Verpflichtung zur
Verschlüsselung aus anderen Regelungen, wie dem Berufsgeheimnis der Rechtsanwälte oder dem Sozial- oder
BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012
Steuergeheimnis ableiten lässt, hatte ich gegenüber dem
Bundesministerium der Justiz (BMJ) die Aufnahme von
Regelungen zur Vertraulichkeit empfohlen. Die Empfehlung wurde durch das BMJ nicht umgesetzt. In der überarbeiteten Begründung wird jedoch klargestellt, dass sich
die Vertraulichkeit nach den berufs- und datenschutzrechtlichen Bestimmungen richtet.
Ich werde das Gesetzgebungsverfahren weiter begleiten.
8.14
Anti-Doping
Der Datenschutz bei der Bekämpfung des Dopings im
Sport ist sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene weiterhin ein wichtiges und kontrovers diskutiertes Thema.
Aufgrund aktueller Entwicklungen im internationalen Bereich – zum einen die Bekanntmachung der Welt-AntiDoping-Agentur (WADA), Anfang 2011 wesentliche Änderungen im Anti-Doping Administration and Management System (ADAMS) (vgl. 22. TB Kasten zu Nr. 5.9)
vorgenommen zu haben, zum anderen der Beginn der
Überarbeitung des WADA-Codes im Jahr 2012 – wurde
die WADA-Subgroup der Artikel-29-Gruppe reaktiviert,
an der auch meine Mitarbeiter mitwirken.
Im Februar 2012 hat die Artikel-29-Gruppe zunächst in
einem von der WADA-Subgroup vorbereiteten Schreiben
an die zuständige EU-Kommissarin die Datenschutzprobleme beim Anti-Doping-System der WADA dargelegt.
Die EU-Kommission hatte sich zuvor für Dopingbekämpfung in Übereinstimmung mit dem EU-Recht und unter
Wahrung der Grundrechte, darunter auch des Datenschutzes, ausgesprochen. Nach Ansicht der Artikel-29-Gruppe
kann die Einwilligung der Sportlerinnen und Sportler in
Dopingkontrollen nicht als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten herangezogen
werden. Zudem weist sie darauf hin, dass Datenübermittlungen aus der EU an die ADAMS-Datenbank und eine