Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Allerdings haben sich auch Petenten an mich gewandt,
die Schwierigkeiten hatten, ein solches Führungszeugnis
zu erhalten. Dabei handelte es sich um Menschen, für die
keine Meldepflicht besteht. Dies sind Mitglieder ausländischer diplomatischer Missionen oder ausländischer
konsularischer Vertretungen, bzw. in Deutschland stationierte Angehörige ausländischer Streitkräfte. Auch ausländische Staatsangehörige, die sich nur vorübergehend
in Deutschland aufhielten, oder Menschen ohne festen
Wohnsitz hatten Probleme, ein Führungszeugnis zu beantragen. Wenn diese Personen bei den Meldebehörden an
ihrem Wohn- bzw. Aufenthaltsort vorsprachen, wurden
sie darauf verwiesen, den Antrag unmittelbar beim Bundesamt für Justiz (BfJ) zu stellen. Das BfJ wiederum verwies auf die Meldebehörde.
Denn beim BfJ können nur Betroffene ein Führungszeugnis beantragen, die sich tatsächlich im Ausland aufhalten.
Für alle anderen ist das BfJ nicht zuständig. Wer von der
Meldepflicht befreit ist, kann und muss den Antrag bei
der Meldebehörde stellen, in deren Bezirk er sich gewöhnlich aufhält.
Ich habe zusammen mit den Datenschutzbeauftragten der
Länder, die die Datenschutzaufsicht über die kommunalen Stellen führen, eine entsprechende Information für die
Meldebehörden herausgegeben. Seitdem hat mich niemand mehr wegen dieses Problems um Unterstützung ersucht.
7.10
Geldwäschegesetz
Im Geldwäscherecht gab es eine Vielzahl von Änderungen, die aus datenschutzrechtlicher Perspektive durchaus
problematisch sind.
Die Novelle 2011 des Geldwäschegesetzes (GwG)
Durch das Gesetz zur Geldwäscheprävention vom
22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2959) fand eine umfangreiche Novellierung des GwG statt, um vor allem die von
der bei der OECD angesiedelte Financial Action Task
Force on Money Laundering (FATF) festgestellten Defizite zu beseitigen. Zudem erreichten die Verdachtsanzeigen nach dem GwG im Jahr 2011 einen neuen Höchststand (12 868).
Im Wesentlichen hat die Novelle zu einer Verschärfung
und Ausweitung der Sorgfalts- und Meldepflichten, des
Verpflichtetenkreises, der internen Sicherungsmaßnahmen sowie einer Absenkung der Verdachtsstufen geführt.
Im Zuge der Verschärfung der Sorgfaltspflichten (u. a.
Identifizierungspflicht des Vertragspartners) wurden die
Datenspeicherungs- bzw. Datenerhebungspflichten der
nach dem GwG Verpflichteten deutlich ausgeweitet (vgl.
Kasten zu Nr. 7.10). Die erheblichen Bußgeldandrohungen bei Verletzungen von Sorgfaltspflichten dürften zudem den Druck erhöhen, auch überobligatorisch Daten zu
sammeln und an das Bundeskriminalamt (BKA) und andere Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten.
Drucksache 17/13000
So sind die Sorgfaltspflichten (und die daran anknüpfenden Meldepflichten) nun bereits dann zu erfüllen, wenn
ein Geldtransfer außerhalb einer Geschäftsbeziehung einen Betrag im Wert von 1 000 Euro oder mehr ausmacht.
Auch verzichtet das GwG jetzt auf konkrete Anhaltspunkte, die auf eine Geldwäschetat oder Terrorismusfinanzierung schließen lassen; es reicht bereits das Vorliegen von Tatsachen, die auf solche Taten hindeuten. Die
Verpflichteten sollen zudem darüber hinaus bei allen aus
ihrer Sicht ungewöhnlichen und auffälligen Geschäftsbeziehungen mit Geldwäscherelevanz frühzeitig eine Meldung an das BKA und die zuständige Strafverfolgungsbehörde erstatten. In „Niedrigrisikofällen“ kann auch nicht
mehr von der Meldung abgesehen werden, da lediglich
der Umfang der Identitätsprüfung und der Überwachung
reduziert werden kann.
Verstärkte Sorgfaltspflichten bei politisch exponierten
Personen
Auch bei den sog. politisch exponierten Personen (PEP)
greifen nach der Gesetzesnovelle verstärkte Sorgfaltspflichten ein, wobei der Anwendungsbereich erheblich
ausgeweitet wurde. Bereits im Gesetzgebungsverfahren
hatte ich dagegen datenschutzrechtliche Bedenken geltend gemacht. So lassen sich aus meiner Sicht diese verstärkten Sorgfaltspflichten nur für Fälle rechtfertigen, in
denen tatsächlich von einem erhöhten Risiko auszugehen
ist. Im Gesetzgebungsverfahren wurde meinen Forderungen nach einer grundrechtsfreundlicheren Lösung – zumindest bezogenen auf PEP, die ihr Amt im Inland ausüben – teilweise Rechnung getragen.
Äußerst kritisch sehe ich auch die in der Praxis verbreiteten „PEP-Listen“, denn diese werden von kommerziellen
Anbietern zusammengestellt und veräußert. Die PEP-Listen setzen sich regelmäßig aus verschiedenen Informationen zusammen (z. B. Name, Aliasname, Geburtsdatum,
Nationalität, Wohnort, Werdegang, gegenwärtige Position, familiäre und geschäftliche Beziehungen, Fotografien etc.). Bei von ausländischen Anbietern erstellten
Listen ist eine Kontrolle durch europäische Datenschutzbehörden nicht möglich, so dass auch die Rechtsstaatlichkeit der Datenerfassung nicht kontrolliert werden kann.
Die Auslegungs- und Anwendungshinweise des Zollkriminalamts stellen zwar fest, dass keine Verpflichtung besteht, derartige kommerzielle PEP-Listen zu benutzen.
Dennoch werden die ausländischen Listen in der Praxis
regelmäßig verwendet.
Änderungen im E-Geld-Geschäft
Auch für den E-Geld-Verkehr wurde der Verpflichtetenkreis erweitert und die Möglichkeiten des anonymen elektronischen Bezahlens erheblich eingeschränkt. Immerhin
habe ich im Gesetzgebungsverfahren erreichen können,
dass die ursprünglich vorgesehene umfangreiche Pflicht
zur Identifizierung von Kunden beim Kauf von E-Geld
(insbesondere Prepaid-Karten) abgemildert wurde. Da-
BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012