Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
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den und Stellen bei der Bekämpfung der illegalen
Migration und ihrer Begleit- und Folgekriminalität intensivieren und bündeln. Insoweit ist es eine behördenübergreifende Informations- und Kooperationsplattform. Die
Zuständigkeiten und Entscheidungskompetenzen der beteiligten Behörden und Stellen bleiben unberührt. Bestehende rechtliche Rahmenbedingungen werden nicht verändert. Das GASIM ist daher keine eigenständige
Behörde oder Organisation. Die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten durch die jeweiligen Behörden hat nach den für sie geltenden Rechtsvorschriften
zu erfolgen. In Anlehnung an die Organisation des gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (vgl. 21. TB
Nr. 5.1.4) erfolgt im GASIM die Zusammenarbeit und der
Informationsaustausch in den verschiedenen Arbeitsfeldern in Kooperationsforen unter verschiedener, sich aus
der jeweiligen Zuständigkeit ergebenden Geschäftsführung einer der am GASIM beteiligten Behörden.
Im Rahmen meines Beratungs- und Kontrollbesuchs habe
ich vor allem den personenbezogenen Datenaustausch im
Forum 4 („Nachrichtendienstlich-taktische und -strategische Lage“) unter der Geschäftsführung des BND sowie
im Forum 7 („Operative Maßnahmen im Zusammenhang
mit der illegalen Migration“) unter der Geschäftsführung
der Bundespolizei näher untersucht. Es ist zu überprüfen,
inwieweit die am GASIM beteiligten Behörden im Rahmen der bestehenden Übermittlungsregelungen in zulässiger Weise personenbezogene Daten ausgetauscht haben.
In diesem Zusammenhang sind die im Bundesverfassungsschutzgesetz, im BND-Gesetz, im Bundespolizeigesetz, im BKA-Gesetz, im SGB X sowie im Asylverfahrensgesetz enthaltenen Übermittlungsvorschriften, die
Möglichkeiten und Grenzen dieser Zusammenarbeit regeln, zu beachten.
Bis Redaktionsschluss hatte ich das umfangreiche Material, welches ich im Rahmen meines Beratungs- und Kontrollbesuchs eingesehen habe, noch nicht abschließend
ausgewertet. Das Ergebnis der Kontrolle werde ich im
nächsten Tätigkeitsbericht erörtern.
4.2.4
Neugestaltung der IT-Landschaft in der
Abteilung Staatsschutz des Bundeskriminalamts
Das BKA richtet in der Abteilung Staatsschutz neue Dateien ein und nutzt hierfür das Programm rsCASE. Dadurch sollen Informationen besser verarbeitet und verknüpft werden.
Das BKA als Zentralstelle der deutschen Polizei sowie als
Ermittlungsorgan für besondere Verfahren hat mit unterschiedlichsten Phänomenbereichen der Kriminalität und
mit entsprechend vielen speziellen Datenverarbeitungssystemen zu tun. Im Laufe der Zeit ist die Dateienlandschaft immer weiter angewachsen. Die Applikationsvielfalt und die Verwendung unterschiedlicher technischer
Plattformen lässt die Anzahl erforderlicher Schnittstellen
exponentiell ansteigen. Letztlich besteht nach Auffassung
des BKA die Gefahr, dass wichtige Informationen nicht
erkannt werden oder verloren gehen. Daher hat das BKA
im Berichtszeitraum ein Projekt eingesetzt, in dessen
Drucksache 16/12600
Rahmen die Dateienlandschaft in der Abteilung Staatsschutz neu gestaltet und vereinheitlicht werden soll. Als
zentrales Eingangssystem für die spätere Weiterleitung
von Erkenntnissen und Informationen in die jeweilige
Fachdatei dient hierbei das Vorgangsbearbeitungssystem
des BKA. Die neue Struktur der Fachdateien folgt den
Aufgaben des BKA als Zentralstelle sowie als ermittlungsführende Behörde und orientiert sich zugleich an bestimmten Phänomenbereichen der Kriminalität. Für die
Abteilung Staatsschutz des BKA werden beispielsweise
für die Bereiche „Spionage/Technologietransfer“, „Politisch Motivierte Kriminalität“ und „Internationaler Terrorismus und Extremismus“ eigene Dateien eingerichtet,
die analog den BKA-Funktionen als Zentralstelle und
Strafverfahrens- bzw. Ermittlungsorgan als zwei getrennte Varianten „Z“ und „S“ existieren.
Für die neu eingerichteten Dateien der Abteilung Staatsschutz wird als systemtechnische Grundlage das Programm rsCASE verwendet, das bereits bei verschiedenen
Polizeien der Länder genutzt wird. Das Programm
rsCASE ermöglicht es, Verknüpfungen von Daten und
Beziehungen zwischen beteiligten Personen – auch komplizierter Art – zu erkennen und grafisch aufzubereiten.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht kritisch zu werten ist die
Praxis des BKA, auch in den neuen Dateien solche Angaben zu speichern, die als sog. Prüffall qualifiziert worden
sind. Dabei handelt es sich um Informationen, die nicht
nach § 8 BKA-Gesetz (BKAG) kategorisierbar sind, d. h.
die nicht z. B. einer beschuldigten oder verdächtigen Person zugeordnet werden können. Die Speicherung personenbezogener Daten kann hier nur auf die Generalermächtigungsklausel des § 7 BKAG gestützt werden.
Dadurch entsteht jedoch die Gefahr, dass auch die Daten
von unbeteiligten oder ggf. nur zufällig angetroffenen
Personen gespeichert werden. Deshalb hatte ich bei den
bisher geführten Auswertedateien (vgl. 20. TB Nr. 5.2.5)
erreicht, dass die Daten von derartigen „Prüffällen“ nur
für zwei Jahre gespeichert werden dürfen und danach,
falls in diesem Zeitraum keine weiteren einschlägigen Erkenntnisse hinzutreten, gelöscht werden müssen. Zudem
dürfen diese Daten nicht an Dritte, z. B. anfragende Behörden, übermittelt werden. Zwar begrüße ich, dass diese
Regelungen für die neuen Dateien der Abteilung Staatsschutz übernommen werden. Dennoch besteht weiterhin
die Gefahr, dass in einer Vielzahl von Fällen Informationen zu Personen, die an der Begehung von Straftaten
nicht beteiligt oder ggf. nur zufällig an bestimmten Orten
anwesend sind, gespeichert werden oder diese gar in den
Fokus von Ermittlungen geraten.
Auch in der Zukunft werde ich darauf achten, dass das
BKA bei verbesserten technischen Datenverarbeitungsmöglichkeiten den durch das BKA-Gesetz gesteckten
Rechtsrahmen einhält.
4.3
Bundeskriminalamt
Schwerpunkte meiner Tätigkeit im Berichtszeitraum waren die Novellierung des BKA-Gesetzes (s. u. Nr. 4.3.1)
sowie die Fortentwicklung des polizeilichen Informationssystems INPOL (s. u. Nr. 4.3.2).
BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008