Drucksache 16/12600

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

K a s t e n b zu Nr. 8
Vorschlag für eine Charta des digitalen Datenschutzes und der Informationsfreiheit
In einer durch Interaktivität geprägten Welt sind die Einzelnen nicht mehr bloß Nutzer, sondern Netzbürger mit unveräußerlichen Rechten. Als solche sind sie aber auch verantwortlich für Inhalte, die sie über sich und andere veröffentlichen.
Die Gestaltung und Verwendung elektronischer Dienste sollte sich an folgenden Grundsätzen orientieren:
– Jeder hat das Recht, sich unbeobachtet und frei von Überwachung im Internet zu bewegen. Dienste müssen nach
Möglichkeit auch anonym oder unter Pseudonym in Anspruch genommen werden können.
– Die Privatsphäre muss auch in der digitalen Welt beachtet werden. Sowohl staatliche Stellen als auch Unternehmen sind aufgerufen, ihr Handeln an dieser Maxime auszurichten. Datenvermeidung und Datensparsamkeit
kommt dabei zentrale Bedeutung zu.
– Die Vertraulichkeit und Integrität elektronischer Datenverarbeitung ist zu gewährleisten. Einfach zu bedienende
sichere Verschlüsselungsverfahren gehören zur informationstechnischen Grundversorgung.
– Jeder hat das Recht, über die Preisgabe seiner Daten selbst zu bestimmen. Dienste müssen entsprechende Einstellmöglichkeiten aufweisen. Personenbezogene Daten dürfen nur erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn die
Betroffenen darin ausdrücklich einwilligen (opt in). Elektronisch erteilte Einwilligungen müssen jederzeit – auch
elektronisch – widerrufen werden können.
– Transparenz beim Umgang mit persönlichen Daten ist eine Bringschuld aller verantwortlichen Stellen. Betroffene
haben ein unveräußerliches Recht auf Auskunft hinsichtlich der zu ihrer Person oder zu ihrem Pseudonym gespeicherten Daten.
– Öffentliche Stellen sind gehalten, sich stärker zu öffnen. Bürgerinnen und Bürgern haben ein Recht zu erfahren,
wie Entscheidungen zu Stande kommen und wie Steuergelder ausgegeben werden. Fachliche Weisungen, Dienstund Verwaltungsvorschriften sollten über das Internet verfügbar gemacht werden.
– Zu einer offenen Verwaltung gehören einfach zu nutzende, sichere Kommunikationsmöglichkeiten mit Bürgerinnen und Bürgern. Sie erwarten zu Recht kompetente und zügige Reaktionen auf ihre Anliegen.
– Wer das Internet in Anspruch nimmt und dabei Informationen preisgibt, muss sich der Folgen bewusst sein, denn
im Netz gibt es kein Vergessen. Besondere Sorgfalt ist geboten bei Bewertungen, Bildern oder sonstigen Informationen über Dritte; ihre Rechte sind zu beachten.
– Die Bildungseinrichtungen – vom Kindergarten, über die Hochschule bis zur Erwachsenenbildung – sind gehalten, allen Generationen das nötige Rüstzeug für einen verantwortungsbewussten Umgang mit neuen Technologien
zur Verfügung zu stellen.
– Auch in einer zunehmend von Technik geprägten Welt gibt es Menschen, die aus guten Gründen elektronische
Dienste nicht in Anspruch nehmen. Ihre Entscheidung ist zu respektieren und darf nicht zu Benachteiligungen
führen.

8.1

Videoüberwachung

Das gemeinsam mit dem BSI entwickelte Schutzprofil für
Videoüberwachungsanlagen zeigt Wirkung. Der Betrieb
einer Videoüberwachungsanlage ist mit genormten Infozeichen anzuzeigen.
Das von mir zusammen mit dem BSI entwickelte
„Schutzprofil für Videoüberwachungsanlagen“ stellt
technisch-organisatorische Anforderungen an Videoüberwachungsanlagen, die bei der Beschaffung, der Installation und dem Betrieb datenschutzrechtlich beachtet werden müssen. Das Schutzprofil habe ich bereits in meinem
21. TB beschrieben (Nr. 4.2.1), es wurde im Berichtszeitraum um eine englischsprachige Version ergänzt. Das
Schutzprofil ist in beiden Versionen auf meiner InternetSeite unter www.bfdi.bund.de verfügbar.

BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008

Nach mehreren Informationsveranstaltungen, bei denen
ich alle Ressorts über den Inhalt und die Nutzung des
Schutzprofils informiert habe, zeigt es langsam Wirkung.
So teilte mir die Bundespolizei mit, dass sie, meiner
Anregung entsprechend, künftig nur noch solche Videoanlagen beschaffen wird, die den Anforderungen des
Schutzprofils entsprechen. Davon sind auch die im Rahmen des Programms zur Stärkung der inneren Sicherheit (PSIS) vorgesehenen Videoanlagen für die Überwachung der Bahnanlagen und des Flughafens
Frankfurt/Main betroffen. Darüber hinaus soll das
Schutzprofil als Endnutzeranforderung in das Sicherheitsforschungsprojekt „Sicherheit im offenen Verkehrssystem Eisenbahn (SinoVE)“ unter Federführung der
Deutschen Bahn AG einfließen. Dieses Projekt werde
ich beratend begleiten.

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