Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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computerforensisch untersucht worden war, um eine nicht
bestimmungsgemäße Nutzung zu klären, für die es nach
Darstellung der Bundeswehr Anhaltspunkte gab. Die Mitarbeiterin begehrte Informationszugang zum sog.
„Image“, also – vereinfacht ausgedrückt – zu dem Abbild
der gesamten Festplatte des APC, das bei dieser computerforensischen Untersuchung erstellt worden war. Das
Image enthält allerdings nicht nur eine Kopie der gespeicherten Nutzerdaten, sondern praktisch alle Informationen zu diesem APC, z. B. das Betriebssystem, Anwendungsprogramme und Informationen zur Konfiguration.
Nach Ablehnung des Informationszuganges und Klageerhebung kam es auch infolge meiner Intervention schließlich zu einer einvernehmlichen Lösung. Nach Mitteilung
des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) wurde
das Image inzwischen dem Verwaltungsgericht zwecks
Übergabe an die Klägerin übersandt, so dass einer Erledigung des Rechtsstreits nichts mehr im Wege stand.
Die Streitkräftebasis als verfügungsberechtigte Stelle und
das für die Rechtsaufsicht und damit auch für die korrekte
Anwendung des IFG verantwortliche BMVg sind damit
von ihrer zunächst vertretenen Rechtsauffassung abgerückt, nach der das IFG auf militärische Stellen (grundsätzlich) nicht anwendbar sei. Mit Blick auf die umfangreichen Verwaltungsfunktionen der Streitkräftebasis wie
z. B. die Personalverwaltung durch das Personalamt und
die Versorgung durch das ebenfalls zur Streitkräftebasis
zählende Logistikzentrum der Bundeswehr hatte ich dieser zu engen Interpretation des IFG im 2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit widersprochen.
5.10

Bundesministerium für Gesundheit

5.10.1 Wie viel verdienen Ärzte wirklich?
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) verweigert die Herausgabe von Honorarzahlen und -daten. Die
KBV ist der von mir nach § 12 Absatz 3 IFG ausgesprochenen förmlichen Beanstandung nicht gefolgt. Der
rechtswidrige Zustand dauert an.
Bei der KBV beantragte ein Petent Zugang zu Honorarzahlen und -daten sowie Gesprächsprotokollen der Bewertungsausschüsse. Nachdem er zunächst überhaupt
keine Antwort erhalten hatte, wurde seinem Informationswunsch nur teilweise entsprochen: Eine Übermittlung der Protokolle des Bewertungsausschusses und des
Erweiterten Bewertungsausschusses sei nicht möglich, da
die Geschäftsordnung dies verbiete. Die KBV wurde von
mir darauf hingewiesen, dass der Informationszugangsanspruch nur dann zurückgewiesen werden dürfe, wenn die
Voraussetzungen der §§ 3 bis 6 IFG erfüllt seien. Dazu
nahm die KBV ergänzend Stellung.
Nach ihrer Auffassung seien der Bewertungsausschuss
und der Erweiterte Bewertungsausschuss normsetzende
Gremien, die untergesetzliche Rechtsnormen beschlössen. Die Vorbereitung dieser untergesetzlichen Normensetzung sei dem exekutiven Kernbereich zuzuordnen. Die
Beschlüsse dürften nach der Geschäftsordnung nicht zugänglich gemacht werden.

Drucksache 17/9100

Diese Auffassung teile ich nicht. Mit dem Verweis auf den
„Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ nahm die
KBV Bezug auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
vom 17. Juli 1984 – 2 BvE 11, 15/83 – (Leitsatz 3.3 und
Rn. 127 f.). In dieser Entscheidung ging es u. a. um die
Frage, in welchem Umfang die Bundesregierung einem
Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages Akten vorlegen muss. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang der Regierung einen nicht ausforschbaren Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zugesprochen, der
auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen
zu respektieren sei. Hierzu gehöre die Willensbildung der
Regierung, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und
Ressortentscheidungen. Auch wenn das IFG selbst keine
solche Ausnahme vorsieht, soll diese „verfassungsunmittelbare“ Ausnahme als höherrangiges Recht dem IFG
vorgehen, worauf auch die Gesetzesbegründung zu § 4
Absatz 1 IFG (Bundestagsdrucksache 15/4493, S. 12)
hinweist.
Dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lag
allerdings eine völlig andere Fallkonstellation zugrunde.
Die KBV hat eine gänzlich andere Stellung als die Bundesregierung. Sie ist insbesondere kein Verfassungsorgan
wie die Bundesregierung. Die Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts sind deshalb auf den vorliegenden
Fall nicht übertragbar.
Wegen der rechtswidrigen Heranziehung eines hier definitiv fernliegenden Ablehnungsgrundes habe ich eine Beanstandung nach § 25 Absatz 1 Nummer 4 BDSG i. V. m.
§ 12 Absatz 3 IFG ausgesprochen.
Die KBV hielt dennoch an ihrer Ablehnung fest. Zur Begründung führte sie einen neuen Grund an und verwies
nun auf ein besonderes Amtsgeheimnis (§ 3 Nummer 4
IFG), das durch die in der Geschäftsordnung des Bewertungsausschusses verankerte Vertraulichkeit begründet
werde.
Eine Vertraulichkeitsregelung auf der Ebene einer bloßen
(untergesetzlichen) Geschäftsordnung kann aber nicht geeignet sein, den gesetzlichen Anspruch auf freien Informationszugang nach dem IFG auszuschließen (vgl.
Nr. 3.2.3). Auf diese Weise könnten sonst zahlreiche Informationen öffentlicher Stellen des Bundes durch entsprechende Geschäftsordnungen pauschal dem Informationszugang entzogen und letztlich für die betreffenden
Gremien Bereichsausnahmen geschaffen werden, was der
gesetzgeberischen Grundentscheidung des IFG widerspräche. Der Informationsanspruch der Bürgerinnen und
Bürger steht nicht in der Verfügungsmacht der Verwaltung.
Allenfalls könnte hier der Tatbestand des § 3 Nummer 3
Buchstabe b IFG in Erwägung gezogen werden, der dem
Schutz der notwendigen Vertraulichkeit der Beratungen
von Behörden dient. In dessen Rahmen stellt sich mir allerdings die Frage, ob und ggf. inwieweit auch zukünftige
Beratungen geschützt werden (vgl. auch Nr. 3.2.3). Aus
meiner Sicht wäre jedenfalls einzelfallbezogen die konkrete Gefahr darzulegen, dass die (künftige) Arbeitsfähig-

3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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