Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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§ 3 Nummer 1 Buchstabe g IFG irrelevant. Die Ausnahmeregelung schützt nur das Verfahren „als solches“ und
damit dessen objektive und faire Durchführung, etwa
wenn andernfalls die Beeinflussung von Zeugen oder Beweisvereitelung zu befürchten wären.
Das Auswärtige Amt konnte sich auch nicht auf § 4 Absatz 1 IFG berufen. Dieser Ausnahmetatbestand erlaubt
die Zurückhaltung von entscheidungsvorbereitenden Entwürfen und schützt damit die Vorbereitung und Durchführung von Verwaltungsverfahren bis zu dem Zeitpunkt,
in dem die behördliche Entscheidung oder Maßnahme getroffen wird.
Den Ausführungen des Ministeriums zufolge war der
Rechtsstreit bei Antragstellung bereits beim Oberverwaltungsgericht anhängig. Die Anfrage beschränkte sich
jedoch größtenteils auf das zwischenzeitlich abgeschlossene erstinstanzliche Verfahren vor dem VG Berlin. Daher schied der Ausnahmetatbestand des § 4 Absatz 1 IFG
schon mit Blick auf den Zeitablauf aus. Darüber hinaus
handelt es sich beispielsweise bei der Klageerwiderung
um keine entscheidungsvorbereitende Unterlage, sie stellt
vielmehr das Ergebnis der Überlegungen zur Verteidigung der eigenen Rechtsposition dar und ist nach Eingang
beim Gericht kein schutzbedürftiges „Internum“ mehr.
Ich habe dem AA mitgeteilt, dass ich die ablehnende Entscheidung deshalb nicht nachvollziehen könne. Leider
hielt das Ministerium gleichwohl auch im Widerspruchsverfahren an seiner ablehnenden Haltung fest.
Nachdem im „streitgegenständlichen“ Klageverfahren ein
erstinstanzliches Urteil ergangen war, das im Tatbestand
auch die wesentlichen Gesichtspunkte der Klageerwiderung wiedergab, und die Entscheidung durch das Gericht
im Internet veröffentlicht worden war, war die weitere
Verfolgung seines Anspruches für den Petenten uninteressant, so dass er seinen Widerspruch zurücknahm.
5.6

Bundesministerium der Finanzen

5.6.1

Kein Informationszugang zum
Mustervertrag für Vorstände der
Bundesbank?

Das Bundesfinanzministerium (BMF) gewährte keinen
Zugang zum Mustervertrag für Vorstände der Bundesbank. Ich halte den Informationszugang hingegen für eröffnet und eine transparente gesetzliche Regelung des
Amtsverhältnisses für sinnvoll.
Ein Petent begehrte Zugang zu „der im Jahr 2010 gültigen Genehmigung und des dazugehörigen Mustervertrages“ für Vorstände der deutschen Bundesbank. Gegen die
Ablehnung des Antrages durch das BMF erhob er im
Juli 2011 Widerspruch und bat mich um Unterstützung
seines Antrages. Im Oktober 2011 wies das BMF den Widerspruch zurück.
Auf meine Bitte hin hat mir das BMF die Ausgestaltung
des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses der Bundesbankvorstände und das Verfahren bei Berufung neuer
Vorstandsmitglieder erläutert und mir Einsicht in den
fraglichen Mustervertrag gewährt:

Drucksache 17/9100

Die Mitglieder des Vorstandes stehen gemäß § 7 Absatz 4
Bundesbankgesetz (BBankG) in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis. Ihre Rechtsverhältnisse gegenüber
der Bank, insbesondere die Gehälter, Ruhegehälter und
Hinterbliebenenbezüge, werden durch Verträge mit dem
Vorstand geregelt, die der Zustimmung der Bundesregierung bedürfen. Diese Verträge müssen dem von der Bundesregierung beschlossenen und seither den gesetzlichen
Vorgaben angepassten Mustervertrag entsprechen, was jeweils vor Vertragsabschluss vom BMF zu prüfen und zu
bestätigen ist.
Nach Auffassung des BMF ist nicht nur der – auf der Basis des Mustervertrages formulierte und insbesondere um
die (funktionsabhängige) Höhe von Gehältern und Ruhegehältern ergänzte – „fertige“, individuelle Vertrag nach
§ 5 Absatz 2 IFG dem Informationszugang entzogen,
sondern bereits der „noch nicht personalisierte“ Mustervertrag, aus dem sich nicht nur die meisten, sondern – mit
Ausnahme der finanziellen Konditionen – auch die wichtigsten Inhalte der konkret abgeschlossenen Verträge ergeben. Dies gelte umso mehr, als im Jahre 2010 drei neue
Vorstandsmitglieder bestellt worden seien, so dass der
enge Personenbezug der Inhalte (bereits) des Mustervertrages für die drei im Jahre 2010 abgeschlossenen Verträge auf der Hand liege.
Nach § 5 Absatz 2 IFG überwiegt das Informationsinteresse des Antragstellers nicht bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit dem Dienstverhältnis eines Dritten in Zusammenhang stehen und bei Informationen, die
einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen. Für diese
Fälle hat der Gesetzgeber die im Regelfall durch § 5 Absatz 1 IFG vorgesehene Abwägung selbst und abschließend vorgenommen.
Zwar stehen die Musterverträge „in Zusammenhang mit
dem Dienstverhältnis“ der Vorstände, da sie den wesentlichen Inhalt der konkret abzuschließenden Verträge vorgeben. Dies gilt allerdings auch für beamtenrechtliche
Regelungen, die das konkrete Dienstverhältnis aller Beamten vom Boten bis zum beamteten Staatssekretär bis
ins letzte besoldungs- und versorgungsrechtliche Detail
regeln, aber trotz dieses engen Zusammenhanges für jedermann zugänglich sind.
Ich halte es daher für fraglich, ob bei der Auslegung des
§ 5 Absatz 2 IFG jeder Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis den Ausschluss vom Informationszugang
rechtfertigt oder nur „höchst individuelle“, nur einzelnen
Mitarbeitern zuzuordnende Daten aus „fertigen“ Verträgen vom Informationszugang ausgenommen werden sollen. Mit Blick auf die noch nicht erfolgte Personalisierung der Musterverträge ist es mindestens vertretbar,
einen Zusammenhang mit einem Amtsverhältnis von
vornherein abzulehnen.
Auch die dann nach § 5 Absatz 1 IFG erforderliche Abwägung dürfte in derartigen Fällen mit Blick auf die besondere Verantwortung und Bedeutung der Bundesbank
und ihrer Vorstandsmitglieder für die weitere währungspolitische Entwicklung regelmäßig ein überwiegendes Informationsinteresse ergeben. Selbst bei Verweigerung der

3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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