Drucksache 17/9100
– 50 –
Das Bundespräsidialamt lehnte den Informationszugang
nach dem IFG deshalb zu Recht ab.
Als Erbe des Ordensträgers konnte der Petent sich auch
nicht auf den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch
nach § 19 Absatz 1 Satz 1 BDSG berufen, da die Daten
im Ordensvorgang nicht zu seiner, sondern zur Person
seines Vaters gespeichert waren und das BDSG den
„höchstpersönlichen“ Auskunftsanspruch nur dem von
der Speicherung Betroffenen selbst und nicht (auch) dem
Erben als Rechtsnachfolger zuweist.
5.4
Bundesministerium des Innern
5.4.1
Warum bleibt der Gesetzentwurf unter
Verschluss?
Das Bundesministerium des Innern (BMI) verweigert Informationen zum Zeitplan und zum Gesetzentwurf zur
Visa-Warndatei unter Hinweis auf Regierungstätigkeit.
Diese Begründung überzeugte mich nicht.
Ein Petent wollte im März 2010 vom BMI wissen, ob und
wann Zugang zu dem Gesetzentwurf zur Visa-Warndatei
gewährt werden könne. Das Ministerium lehnte den Antrag ab und erklärte, die Arbeit am Gesetzentwurf sei
keine Verwaltungstätigkeit im Sinne des IFG. Das Erarbeiten eines Gesetzentwurfs stelle vielmehr „Regierungstätigkeit“ dar, die nicht vom IFG erfasst werde. Zur
Begründung führte das BMI Urteile des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin an, wonach das Wahrnehmen des Gesetzesinitiativrechts zu den zentralen Regierungsaufgaben
zähle. Das BMI teilte dem Antragsteller gleichwohl mit,
der Gesetzesentwurf liege frühestens in der zweiten Jahreshälfte vor.
Die Rechtsauffassung des VG Berlin zum Anwendungsausschluss des IFG bei Regierungstätigkeiten wird von
mir nicht geteilt und ist inzwischen auch durch Entscheidungen des OVG Berlin-Brandenburg und des Bundesverwaltungsgerichts überholt (vgl. Nr. 3.2.1).
Im vorliegenden Fall bezog sich das Informationsbegehren des Petenten – abgesehen von der Frage, wann der
Gesetzesentwurf für eine mögliche Einsichtnahme vorliegt – auf Informationen zu noch nicht vorhandenen Unterlagen. Das Vorhandensein der gewünschten Information bei der Behörde ist als Tatbestandsmerkmal zwar
nicht explizit aufgeführt, es ist allerdings eine denklogische
Voraussetzung für den Informationszugangsanspruch nach
dem IFG (§ 2 Nummer 1 IFG). Der Antrag hätte deswegen mit dieser Begründung zurückgewiesen werden können.
Deshalb war die Entscheidung des BMI zwar in seiner
Begründung nicht überzeugend, jedoch nicht im Ergebnis
zu beanstanden.
5.4.2
Korruptionsprävention – Ein heißes
Eisen?
Das Bundesministerium des Innern (BMI) gab dem Antrag auf Zugang zu den Korruptionsberichten der Bundesregierung statt, verweigerte aber zunächst die Einsichtnahme in deren Tabellenteil.
3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Ein Petent hatte beim BMI beantragt, ihm Zugang zu den
Jahresberichten 2007 und 2008 der Bundesregierung zur
Korruptionsbekämpfung zu gewähren. Dem wurde überwiegend, aber nicht vollständig stattgegeben. Die Teilablehnung bezog sich auf den zum jeweiligen Korruptionspräventionsbericht gehörenden Tabellenteil, aus dem
detaillierte Informationen zu den Aktivitäten aller
obersten Bundesbehörden und Geschäftsbereichsbehörden hervorgehen. Dies wurde auf § 3 Nummer 1 Buchstabe c IFG gestützt. Die Vorschrift schließt einen Informationszugang dann aus, wenn das Bekanntwerden der
Information nachteilige Auswirkungen auf Belange der
äußeren und inneren Sicherheit haben kann. Mit Blick auf
die Begründung des BMI hatte ich allerdings erhebliche
Zweifel, dass tatsächlich Belange der inneren Sicherheit
berührt waren.
Die Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 15/4493,
S. 9) verweist auf die Schutzgüter des § 1 Bundesverfassungsschutzgesetz, also die freiheitlich demokratische
Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder. Der in § 3 Nummer 1 Buchstabe c
IFG verwendete Begriff „innere Sicherheit“ umfasst in diesem Kontext – gerade auch im Unterschied zu § 3 Nummer 2 IFG (Gefährdung der öffentlichen Sicherheit) – nur
Belange mit einem erheblichen Gewicht und schützt in
erster Linie die Sicherheitsbehörden des Bundes.
Dass der Zugang zu den vom BMI bisher nicht herausgegebenen Informationen derartige erhebliche Sicherheitsbelange der Bundesrepublik Deutschland berühren soll,
war in der Begründung der Behörde nicht überzeugend
dargetan. Die Teilablehnung des Informationszugangs
wurde hier mit der vertrauensvollen Zusammenarbeit der
beteiligten Behörden sowie mit der Vermutung begründet, Korruptionsstraftaten würden in Folge eines Informationszuganges erleichtert.
Die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Behörden bei
der Korruptionsprävention und der Erstellung des Berichtes ist aber kein Schutzgut des § 3 Nummer 1 Buchstabe c
IFG. Auch die hier befürchtete Erleichterung von Korruptionsstraftaten dürfte die Funktionsfähigkeit oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland nicht gefährden,
wenn sie denn tatsächlich real wäre. Ich halte es aber
nicht für überzeugend, dass allein die Kenntnis der Tatsache, welche Behörde noch Defizite bei der Korruptionsprävention hat, die Begehung von Korruptionsstraftaten
kausal erleichtert. Im Gegenteil ist anzunehmen, dass gerade das Bekanntwerden derartiger Defizite dazu beiträgt,
die Anstrengungen zur Korruptionsbekämpfung zu verstärken.
Das BMI wurde deswegen gebeten, die Teilablehnung
des Informationszugangs vor dem Hintergrund meiner
o. g. Bedenken noch einmal zu überprüfen und mir deren
Gründe eingehend zu erläutern. Dieser Bitte kam das BMI
nach, bekräftigte jedoch seine ablehnende Haltung. Darüber hinaus führte es nun zusätzlich den Ausnahmetatbestand § 3 Nummer 3 Buchstabe b IFG an (Beeinträchtigung behördlicher Beratungen). Die Jahresberichte
dokumentierten einen Beratungsprozess, der noch andauere
und die Geheimhaltung der Tabellenteile erfordere.