Drucksache 14/5555

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Lösung zu finden, die einerseits dem berechtigten Schutzinteresse der Betroffenen gerecht wurde, andererseits den
eingeschränkten technischen Möglichkeiten des besagten
Mobilfunkunternehmens Rechnung trug. Ich habe daher
eine Übergangslösung unterstützt, nach der zwischen den
Bedarfsträgern und den technisch hierzu in der Lage befindlichen Telekommunikationsunternehmen die GBG
unter Erfüllung aller Sicherheitsanforderungen zeitgerecht in Betrieb genommen werden konnte. Lediglich für
das eine Mobilfunkunternehmen wurden übergangsweise
gewisse Abweichungen hingenommen. Dies war vertretbar, weil dieser Zeitraum voraussehbar nur sehr kurz war.
Seit Mitte 2000 erfüllt auch das betreffende Mobilfunkunternehmen alle Sicherheitsanforderungen der GBG, so
dass die übertragungstechnische Sicherheit bei der Telekommunikationsüberwachung gewährleistet ist.
10.2.2 Kontrolle der Telekommunikationsüberwachung
Über den Umfang meiner Kontrollkompetenz nach
§ 91 Abs. 4 Satz 1 TKG i. V .m. § 24 BDSG im Zusammenhang mit TK-Überwachungsmaßnahmen, die im Auftrag von Strafverfolgungs- oder Sicherheitsbehörden
durchgeführt werden, bestanden zwischen mir und einem
TK-Unternehmen unterschiedliche Rechtsauffassungen.
Ein Bürger hatte in einer Eingabe den Verdacht geäußert,
dass sein Telefon überwacht werde. Im Rahmen der Bearbeitung dieser Eingabe habe ich das TK-Unternehmen um
Mitteilung gebeten, ob eine Maßnahme zur Überwachung
der Telekommunikation gemäß § 100a StPO durchgeführt
worden ist. Eine entsprechende Auskunft wurde jedoch
unter Hinweis auf Art. 3 § 10 des Gesetzes zu Artikel 10
Grundgesetz (G 10) verweigert. Danach sei den für die
Durchführung der Überwachungsmaßnahme in Anspruch
genommenen TK-Diensteanbietern die Mitteilung der
Tatsache der Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach
§ 100a StPO an andere untersagt; eine Zuwiderhandlung
werde mit Strafe bedroht.
Ich habe demgegenüber auf meinen Anspruch auf Auskunftserteilung beharrt. Nach § 91 Abs. 4 Satz 1 TKG
i. V. m. § 24 BDSG bin ich berechtigt, den Umgang von
TK-Diensteanbietern mit den von ihnen im Bereich der
Telekommunikation erhobenen und verarbeiteten Daten
umfassend zu kontrollieren. Dies erlaubt es mir, auch die
Datenerhebung und -verarbeitung in Bezug auf durchgeführte Überwachungsmaßnahmen nach § 100a StPO im
konkreten Einzelfall zu prüfen. Gegenstand der Kontrolle
ist dabei nicht der zugrunde liegende Gerichtsbeschluss,
sondern die datenschutzgerechte Umsetzung der Maßnahme durch das TK-Unternehmen. Um feststellen zu
können, ob in einem Einzelfall eine Kontrolle notwendig
ist, bin ich darauf angewiesen, von dem Diensteanbieter
auf Nachfrage Informationen darüber zu erhalten, ob eine
Telefonüberwachung – wie vermutet – überhaupt stattgefunden hat. Ohne eine solche Information könnte ich mein
Kontrollrecht nicht ausüben und nicht überprüfen, ob das
TK-Unternehmen und dessen Mitarbeiter Überwachungsmaßnahmen ordnungsgemäß auf der Grundlage und im

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Rahmen von gerichtlichen Anordnungen durchführen.
Da es nicht möglich war, mit dem TK-Unternehmen zu einer Einigung zu kommen, habe ich mich an die RegTP gewandt, der nach § 91 Abs. 1 TKG ebenfalls Kontrollbefugnisse für diesen Bereich zustehen. Die RegTP hat
meine Rechtsauffassung bestätigt und darauf hingewiesen,
dass es nicht Sinn und Zweck der Regelung des Art. 3 § 10
Abs. 1 G 10 sei, die Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden gerade bezüglich der datenschutzgerechten Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen nach § 100a StPO
einzuschränken. Anderenfalls wäre der Umgang mit personenbezogenen Daten bei TK-Diensteanbietern im Falle
von Überwachungsmaßnahmen mangels Zuständigkeit einer anderen Aufsichtbehörde einer Datenschutzkontrolle
vollständig entzogen. Auch das für die Auslegung des G 10
zuständige BMI hat meine Rechtsauffassung geteilt, dass
sich nicht strafbar macht, wer als Mitarbeiter eines TKUnternehmens mir im Rahmen meiner Kontrollbefugnis
Mitteilung über die Tatsache einer Überwachungsmaßnahme im Sinne des Art. 3 § 10 Abs. 1 G 10 macht. Das in
dieser Bestimmung enthaltene Geheimhaltungsgebot
werde durch die spezielle gesetzliche Übermittlungspflicht nach § 91 Abs. 4 Satz 1 TKG i. V. m. § 24 Abs. 4
BDSG durchbrochen, so dass die Strafbewehrung keine
Anwendung finde.
Ich habe das TK-Unternehmen über die Bestätigung meiner Rechtsauffassung durch die vorgenannten Stellen unterrichtet und aufgefordert, mir in Zukunft in allen Fällen,
in denen sich aus Eingaben mir gegenüber mögliche Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung einer Überwachungsmaßnahme ergeben, entsprechende Auskünfte zu
erteilen. Ich sehe die umstrittene Rechtsfrage nunmehr als
geklärt an und gehe davon aus, dass das Unternehmen
künftig seiner Auskunftspflicht nachkommen wird.
In dem konkreten Einzelfall lagen letztendlich keine Erkenntnisse vor, die mir Veranlassung zu einer Überprüfung der ordnungsgemäßen Durchführung einer TKÜberwachungsmaßnahme hätten geben können.

10.3

Das automatisierte Auskunftsverfahren nach § 90 Telekommunikationsgesetz

Mit dem automatisierten Auskunftsverfahren nach § 90
TKG können Sicherheitsbehörden bei der RegTP zu einer
Rufnummer den Anschlussinhaber und zu einer Person
die Telefonanschlüsse abfragen. Ich habe dieses Verfahren bereits im Vorfeld begleitet (s. 16. TB Nr. 10.4.14, 17.
TB Nr. 10.1.5.3 sowie nachfolgend Nr. 34, dort Nrn. 9 und
10). Mit Aufnahme des Wirkbetriebs haben sich jedoch
neue Probleme ergeben, die ich im Folgenden darstellen
möchte.
10.3.1 Prepaid-Cards und die Begehrlichkeiten
des Staates
Die sogenannten Prepaid-Cards sind nicht nur im Weihnachtsgeschäft der Renner bei den Mobilfunkunternehmen. Immer mehr Handy-Nutzer wollen sich nicht mehr

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