Drucksache 14/5555

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Widerspruchsrecht gegen eine entsprechende Nutzung
seiner personenbezogenen Daten zustehen sollte. Somit
musste ein gleichartiger Datenschutzstandard gefunden
werden.
Obwohl früh erkannt, wurden die hierzu erforderlichen
Arbeiten erst aus Anlass der EG-TelekommunikationsDatenschutzrichtlinie 97/66/EG vom 15. Dezember 1997
aufgenommen, mit der innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ein einheitliches Datenschutzniveau im Bereich der Telekommunikation geschaffen werden soll.
Auch die Entwicklungen auf dem rasant wachsenden
deutschen Telekommunikationsmarkt zeigten seit dem
Ende des Sprachtelefondienstmonopols am 31. Dezember
1997 den Bedarf für neue, die Gegebenheiten dieses
Marktes berücksichtigende Datenschutzregelungen. So
waren beispielsweise die rechtlichen Rahmenbedingungen für die sogenannten Call-by-Call-Dienste (d. h. die
freie Wahl des TK-Unternehmens bei jedem Anruf) in den
einschlägigen Bestimmungen nicht berücksichtigt. Es
war notwendig geworden, zugunsten der Nutzer von Telekommunikationsdienstleistungen Rechtssicherheit und
für die von den Regelungen betroffenen TK-Unternehmen Rechtsklarheit zu schaffen. Diesem Anspruch ist die
TDSV 2000 in weiten Teilen gerecht geworden.
Gleichwohl sind in die TDSV 2000 auch Bestimmungen
aufgenommen worden, die für den Datenschutz im Bereich der Telekommunikation nicht förderlich sind. So haben sich die Telekommunikationsdiensteanbieter nach § 3
Abs. 4 TDSV 2000 zwar an dem Ziel der Datenvermeidung und Datensparsamkeit auszurichten. Eine über diesen Programmsatz hinausgehende Regelung enthält die
Vorschrift jedoch nicht. Die Bundesregierung hat sich
nicht entschließen können – wie von mir wiederholt gefordert – eine Verpflichtung der TK-Unternehmen vorzusehen, einen anonymen Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsdienstleistungen anzubieten. Hier hätte der
Verordnungsgeber eine Anleihe an § 4 Abs. 1 TDDSG machen können. Danach sind die Telediensteanbieter verpflichtet, die Inanspruchnahme von Telediensten und ihre
Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen. Diese Ungleichbehandlung zwischen Telediensteund Telekommunikationsdiensten ist angesichts des Zusammenwachsens von Informations- und Kommunikationsmedien kaum nachvollziehbar.
Datenschutzrechtlich bedenklich ist auch die in § 7 Abs. 3
Satz 3 TDSV 2000 geregelte Speicherfrist für entgeltrelevante Verbindungsdaten von einem halben Jahr nach Versendung der Rechnung. Sinnvoll wäre es gewesen, die
Speicherfrist mit dem Ende der jeweiligen Verbindung beginnen zu lassen. Damit wäre ein eindeutiger und nicht im
Belieben der TK-Unternehmen stehender Fristbeginn bestimmt worden. Nach gegenwärtiger Rechtslage hängt der
Beginn der Speicherfrist dagegen von der Rechnungspraxis des einzelnen TK-Unternehmens ab. Eine Speicherung dieser Daten von mehr als einem Jahr nach Beendigung der Verbindung ist durchaus vorstellbar und wäre
nach § 7 Abs. 3 Satz 3 TDSV 2000 auch zulässig. Im übrigen erscheint die Speicherdauer von einem halben Jahr
grundsätzlich datenschutzrechtlich bedenklich.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Gleiches gilt für § 9 TDSV 2000. Diese Vorschrift betrifft
die datenschutzgerechte Gestaltung von Verfahren, mit
denen die Telekommunikationsunternehmen eine missbräuchliche Inanspruchnahme ihrer Leistungen durch
Dritte verhindern bzw. aufdecken. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz
1 TDSV 2000 darf für derartige Ermittlungen auf bis zu
sechs Monate alte Verbindungsdaten zurückgegriffen
werden. Nach bisherigem Recht durften hierfür nur diejenigen Verbindungsdaten herangezogen werden, die nicht
älter als zwei Monate waren. Aufgrund meiner Erkenntnisse bei der Kontrolle von Missbrauchserkennungssystemen hatte ich der Bundesregierung gegenüber deutlich
gemacht, dass eine Ausweitung des Datenbestandes für
die Wirksamkeit und Tauglichkeit derartiger Systeme
nicht erforderlich ist. Bedauerlicherweise wurden meine
Argumente nicht berücksichtigt.
Als positives Beispiel möchte ich die datenschutzgerechte
Ausgestaltung der sogenannten Fangschaltung in § 10
TDSV 2000 nennen. Danach hat das TK-Unternehmen
auf Antrag seinem Kunden Auskunft über bedrohende
oder belästigende Anrufe zu erteilen, damit sich der Betroffene hiergegen zur Wehr setzen kann. Datenschutzrechtlich problematisch waren in der Vergangenheit insbesondere die Fälle, bei denen das TK-Unternehmen
einen bedrohenden oder belästigenden Anruf aus einem
anderen als dem eigenen Netz ermittelte. Hierzu hatte ich
in meinem 17. TB (Nr. 10.2.7.1) Stellung genommen und
ein datenschutzgerechtes Verfahren vorgeschlagen. Diese
Anregungen hat die Bundesregierung aufgegriffen. Nach
§ 10 Abs. 3 TDSV 2000 sind nunmehr alle an der Verbindung mitwirkenden Diensteanbieter verpflichtet, dem
TK-Unternehmen des bedrohten oder belästigten Kunden
die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Durch das nunmehr verbindlich vorgeschriebene Verfahren werden
unnötige Datenübermittlungen vermieden.
Ob die TDSV 2000 länger in Kraft bleibt als ihre Vorgängerregelung, erscheint eher fraglich, nachdem die EGKommission im Juli 2000 den Entwurf für eine neue EGTelekommunikations-Datenschutzrichtlinie vorgelegt hat
(s. o. Nr. 10.1.1). Die Halbwertzeit von Datenschutzvorschriften im Bereich der modernen Informations- und
Kommunikationsmedien scheint sich weiter zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund appelliere ich an den Gesetzund Verordnungsgeber, nicht nur reaktiv auf die Entwicklungen der Telekommunikationstechnik und die Gegebenheiten des Telekommunikationsmarktes zu antworten,
sondern diese im Vorfeld aufzugreifen und mitzugestalten.
10.1.3 Die neue TelekommunikationsÜberwachungsverordnung
Mit § 88 TKG gibt es seit Juli 1996 eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Verordnung für die technische
Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen im Bereich
der Telekommunikation. Da die Bundesregierung eine
entsprechende Verordnung bislang noch nicht verabschiedet hat, werden solche Maßnahmen derzeit noch aufgrund der Fernmeldeverkehrs-Überwachungs-Verordnung (FÜV) vom 18. Mai 1995 durchgeführt.

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