Drucksache 14/5555

– 80 –

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

in der Praxis die Bereitstellung wichtiger Gesundheitsinformationen zu Gunsten der Patienten verbessern können.
Und es gab – und gibt es noch immer – einen breiten Konsens über die Prinzipien, insbesondere über die Entscheidungsrechte der Betroffenen, die zur Wahrung des hier besonders wichtigen Datenschutzes einzuhalten sind
(s. 16. TB Nr. 9.2.2). Damit war eine Reihe wesentlicher
Voraussetzungen geschaffen, um die Chipkarten-Technik,
die mit der schon seit sechs Jahren als Versicherungsnachweis dienenden Krankenversicherten-Karte (s. dazu
u. a. 15. TB Nr. 12.4) in die Praxis eingeführt worden war,
nicht nur für die Verwaltungsarbeit, sondern auch für die
Behandlung der Patienten zu nutzen.

großflächigen Erprobung realitätsnaher Modelle notwendige Öffnungsklausel im SGB V zu sein, mit der für
Zwecke der Entwicklung neuer Informationswege von
den bislang geltenden Festlegungen abgewichen werden
darf. Ohne flankierende Schutzmaßnahmen für die dann
an anderen Stellen verarbeiteten Gesundheitsdaten könnte
dabei ein erhebliches Vertrauensdefizit entstehen.

Bei der Umsetzung des viel versprechenden Konzeptes in
die breite Anwendung gibt es jedoch kaum relevante Fortschritte. Die Gründe dafür sind unterschiedlich und liegen
keineswegs überwiegend im Bereich des Datenschutzes.
Ein großes Problem ist z. B., dass für die Nutzung einer
Gesundheitsdatenkarte in Arztpraxen, Krankenhäusern
und beim Apotheker sowie bei anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen erhebliche Investitionen in
Programme und Geräte erforderlich sind. Zwar nimmt
man allgemein an, dass die zu erreichenden Einsparungen
und andere Vorteile diesen Aufwand weit überwiegen.
Wenn jedoch zu befürchten ist, dass eine Gruppe, beispielsweise die niedergelassenen Ärzte, einen wesentlichen Teil der Kosten tragen müsste, während der Nutzen
fast ausschließlich bei den Patienten und den Krankenkassen zu Buche schlüge, dann wird kaum jemand die
Vorlauf-Investitionen tragen wollen. Denn ohne konkrete
Aussicht auf eine alle beteiligten Gruppen motivierende
Verteilung der Vorteile ist der Erfolg höchst ungewiss.
Hier sind Konzepte der großen Kostenträger, insbesondere der Krankenkassen gefragt und, weil vieles in diesem
Bereich gesetzlich geregelt ist, der Gesetzgeber.

Zur automatisiert auswertbaren Legitimation von Ärzten
und anderen Angehörigen von Gesundheitsberufen wird
schon seit einiger Zeit die Verwendung von Chipkarten
als sog. Health Professional Cards (HPC) geplant (s. auch
16. TB Nr. 9.1.2 und 17. TB Nr. 9.1.1). Auf der Basis des
novellierten Signaturgesetzes (s. Nr. 33.6) sollen die HPC
ihren jeweiligen Inhaber authentifizieren und in Form von
sog. Attributzertifikaten seine berufliche Stellung, wie
etwa Arzt einer bestimmten Fachrichtung oder Apotheker,
verbürgen. Außerdem sollen die Karten die elektronische
Signatur für von ihrem Inhaber zu verantwortende Daten
leisten und die kryptographische Übertragung von Daten
unterstützen. Weil es damit möglich sein wird, z. B. Patientenkarten nur von Personen lesen zu lassen, die sich der
Karte gegenüber als zum Lesen bestimmter Daten berechtigt ausgewiesen haben, und von Kommunikationspartnern im Netz nicht nur die Verschlüsselung des Datenverkehrs, sondern zuvor auch eine zuverlässige
Authentifikation zu verlangen, werden diese Karten ein
wichtiges Element einer datenschutzgerechten Kommunikations-Infrastruktur für das Gesundheitswesen bilden.

Eine politische Lösung ist auch für den Schutz der Gesundheitsdaten auf der Chipkarte (und bei anderen Speicherungen außerhalb einer Arztpraxis und des Gewahrsams einer Krankenanstalt) geboten, um Risiken für die
Betroffenen und Hindernisse für die Entwicklung abzubauen. Würde man nämlich – was die Redlichkeit gebietet – die Patienten darauf hinweisen, dass ihre Gesundheitsdatenkarte anders als ihre Unterlagen beim Arzt der
Beschlagnahme unterliegen und dass sie mit dem Mitführen ihrer Gesundheitsdaten diese aus dem Schutzbereich des Arztgeheimnisses heraus tragen, so wäre deren
Interesse in vielen Fällen gedämpft. Um dieses Hindernis
für die Akzeptanz und damit auch für die Entwicklung
auszuräumen, hat der Deutsche Bundestag wiederholt,
zuletzt in seinem Beschluss vom 24. Juli 1998 zu
BT-Drs. 13/11168, die Bundesregierung aufgefordert,
„eine Gesetzesinitiative zu ergreifen, um beim Einsatz
moderner Informationstechnik im Gesundheitswesen den
gebotenen Schutz dieser Daten auch außerhalb von Arztpraxen und Krankenhäusern sicherzustellen.“
Aus Gesprächen mit dem BMG und dem BMJ habe ich
zwar den Eindruck gewonnen, dass jetzt dort entsprechende Überlegungen angestellt werden, ein konkretes
Ergebnis stand bei Redaktionsschluss aber noch aus. Konkreter scheinen die Vorstellungen des BMG über eine zur

Neue Impulse dürfte diese Entwicklung ebenso wie andere
Nutzungen moderner Informations- und Kommunikationstechnik von dem Aktionsforum Telematik im Gesundheitswesen (ATG) erhalten (s. dazu unten Nr. 25.1.1).
9.1.2

Ausweiskarten für Heilberufe

Nachdem wesentliche Probleme technischer und organisatorischer Art gelöst sind, ist zu erwarten, dass im Jahr
2001 die Ausgabe solcher Karten an Ärzte beginnt, wobei
die Ärztekammern jeweils die Einzelheiten des Verfahrens für ihren Zuständigkeitsbereich festlegen. Aus Kostengründen wird erwogen, einige der möglichen Funktionen lediglich als Optionen anzubieten. Das kann die
Einführung erleichtern, der Verzicht auf die in der Zukunft durchweg nützlichen oder gar notwendigen Funktionen wird aber allenfalls eine Übergangserscheinung
sein.

9.2

Wenig Neues von der GeldKarte

Es ist im Prinzip eine schöne Idee, eine Chipkarte als
Geldbörse zu verwenden, aus der man das darauf geladene elektronische Guthaben in beliebigen Beträgen ausgeben kann, ohne sich um passende Münzen für Automaten oder zu viel Kleingeld im Portemonnaie kümmern zu
müssen. Weniger gelungen ist eine Ausführung dieser
Idee in Form eines nicht überziehbaren Kontos, über dessen in der Chipkarte nachgewiesenen Stand man durch
elektronische Einzugsermächtigungen zu Gunsten des
Akzeptanten verfügen kann. Das hat nämlich zur Folge,
dass die Daten eines jeden Bezahlvorganges in einem
Clearingverfahren zu dem gesondert angelegten Konto

Select target paragraph3