Drucksache 14/5555
– 62 –
7.6
Auskunft durch das Bundesamt für
Finanzen über Freistellungsaufträge
7.6.1
Gilt § 19 BDSG? – Das ist hier die
ungelöste Frage
In meinem 17. TB (Nr. 7.1) konnte ich berichten, dass das
BfF nach meinen eingehenden Bemühungen aufgrund eines entsprechenden Erlasses des BMF den Auftraggebern
von Freistellungsaufträgen Auskunft über ihre dort gespeicherten Daten erteilt, wenn ein berechtigtes Interesse
an der Auskunft gegeben ist und kein Versagungsgrund
vorliegt. Diese Regelung hatte dazu geführt, dass das BfF
nahezu ausnahmslos Auskunft erteilte.
Diese Situation hat sich jedoch geändert, seit die zur Mitteilung der Daten über den Freistellungsauftrag verpflichteten Kreditinstitute und sonstigen Stellen nach einer Änderung des § 45d EStG – erstmals für 1998 – nicht mehr
die Rahmen der erteilten Freistellungsaufträge, sondern
die tatsächlich aufgrund eines Freistellungsauftrags freigestellten Zinsen an das BfF melden müssen. Auf diese
Weise kann das BfF bereits selbst feststellen, ob sich diese
Beträge innerhalb der Grenzen der steuerlichen Freibeträge halten oder diese überschreiten. Im Gegensatz zu
dem bisherigen Verfahren wird hierdurch vermieden, dass
das BfF unnötigerweise Finanzämter wegen Überschreitens des erlaubten Rahmens für Freistellungsaufträge unterrichtet und Steuerpflichtige zu Unrecht in den Verdacht
geraten, die zulässigen Freigrenzen überschritten zu haben, obwohl überhaupt keine Zinsen über die erlaubte
Höhe hinaus angefallen waren.
So sinnvoll die Änderung über die zu meldenden Daten
aus den Freistellungsaufträgen für die Ausgestaltung des
Kontrollverfahrens ist, so bedauerlich ist die gewandelte
Auffassung des BfF, wonach ein berechtigtes Interesse an
einer Auskunft jetzt grundsätzlich nicht mehr vorliegt. Da
man in der Regel wisse, wo man ein Guthabenkonto habe
und da die Höhe der Zinsen dem Kontoauszug zu entnehmen sei, könne ein berechtigtes Interesse nur in Ausnahmefällen anerkannt werden, z. B. wenn ein Erbe durch
eine Anfrage erfahren will, ob und gegebenenfalls wo ein
Erblasser Konten unterhalten hat.
Bisher habe ich vergeblich versucht, das BMF und das
BfF davon zu überzeugen, dass ein berechtigtes Interesse
an der Auskunft überhaupt nicht gefordert werden darf, da
§ 19 BDSG diese Voraussetzung nicht kennt. Das BMF
geht allerdings davon aus, dass § 19 BDSG vom BfF nicht
angewandt zu werden braucht.
Außerdem macht das BfF jetzt geltend, würde eine Auskunft erteilt, würde der mit dem Verfahren nach § 45d
EStG beabsichtigte Kontrollzweck gefährdet. Angesichts
der großen Menge gemeldeter Daten sei es im Hinblick
auf mögliche Übertragungsfehler der meldenden Stellen
aus den schriftlich erteilten Freistellungsaufträgen und
auch weil programmtechnische Gründe es im Einzelfall
erschweren könnten, alle Daten einer Person zusammenzuführen, nicht möglich zu garantieren, dass die Kontrollmitteilungen an die Finanzämter oder die Auskünfte
an den Betroffenen oder an andere Behörden stets vollständig sind. Der einzig erkennbare Grund, die beim BfF
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
gespeicherten Daten über Freistellungsaufträge zu erfragen, sei daher zu erfahren, ob es notwendig ist, insoweit
gegenüber einer Behörde wahrheitsgemäße Angaben zu
machen, weil Falschangaben gegebenenfalls durch Mitteilungen des BfF aufgedeckt werden könnten. Das BfF
befürchtet, mit einer Auskunft unter Umständen sogar
Beihilfe zur Steuerhinterziehung oder zum Sozialbetrug
zu leisten. Der Kontrollzweck könne nur dann erreicht
werden, wenn für den Betroffenen unklar bleibe, ob dem
BfF tatsächlich alle freigestellten Beträge bekannt sind.
Ich schließe zwar nicht aus, dass es Bürger gibt, die beim
BfF wegen ihrer Freistellungsaufträge nachfragen, um abzuschätzen, ob es notwendig ist, gegenüber einer bestimmten Behörde hierzu wahrheitsgemäße Angaben zu
machen. Insoweit habe ich durchaus Verständnis für die
Position des BfF. Dennoch kann man nicht davon ausgehen, dass jeder, der wegen seiner Freistellungsaufträge
beim BfF nachfragt, unredliche Absichten verfolgt.
Das Problem der Auskunftserteilung durch das BfF wird
einen Schwerpunkt der mit dem BMF aufgenommenen
Gespräche über die Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Belange in der Abgabenordnung bilden und dort
noch eingehend zu erörtern sein (s.o. Nr. 7.2).
7.6.2
Eine falsche Verdächtigung
und ihre Folgen
Wegen unzutreffender Mitteilung eines Freistellungsauftrags an das BfF hatte sich ein Petent an mich gewandt.
Meine Nachforschungen ergaben, dass die Bundesschuldenverwaltung aufgrund eines Programmfehlers für das
Jahr 1996 einen Freistellungsauftrag des Petenten über
6 100 DM an das BfF gemeldet hatte, obwohl dieser für
Vorjahre erteilte Auftrag nicht mehr bestand. Zusammen
mit einer weiteren – korrekten – Meldung einer Bank über
einen Freistellungsauftrag des Petenten ebenfalls über
6 100 DM führte dies dazu, dass das BfF das für den Petenten zuständige Finanzamt benachrichtigte, damit es
klärt, ob der Petent die für ihn geltende Höchstgrenze für
Freistellungen von 6 100 DM überschritten hatte.
Das Finanzamt wählte in dem an den Petenten gerichteten
Schreiben die wenig glückliche Formulierung, vom BfF
sei „festgestellt“ worden, dass „für 1996 höhere Freistellungsaufträge als gesetzlich zulässig erteilt wurden“. Damit wurde der Petent von seinem Finanzamt zu Unrecht
verdächtigt, seine Freistellungsaufträge nicht im Rahmen
der gesetzlichen Freistellungsgrenzen erteilt zu haben.
Über die in der Formulierung des Finanzamts liegende
– vom BfF nicht zu vertretende – Verdächtigung hinaus
war der Petent durch die mangelhafte Datenverarbeitung
bei der Bundesschuldenverwaltung weitergehend in eine
missliche Lage geraten, da das BfF sich damals (November 1998; s. 17. TB Nr. 7.1) zunächst noch geweigert
hatte, Anfragen von Freistellungsauftraggebern zu beantworten. Der Petent hätte hiernach nicht die Möglichkeit
gehabt, durch eine Anfrage beim BfF Kenntnis über die
dortigen, ihn betreffenden unrichtigen Daten zu erhalten.
Ebenso wenig hätte er gegenüber dem BfF eine Berichtigung dieser Daten erreichen können. Auf entsprechende
Anfragen in anderen Fällen hatte das BfF stets mitgeteilt,