Drucksache 14/5555
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sukzessive von der Fremdfirma auf hauseigenes Personal
übergehen soll, gehe ich von einer weiteren Minimierung
der Missbrauchsrisiken aus.
Zur Zeit befinde ich mich in einem kontrovers geführten
Dialog mit dem BMJ zu Art und Inhalt der nach § 495
StPO (§ 477 StPO a. F.) auf Antrag aus dem ZStV zu erteilenden Auskünfte. Hierbei geht es darum, dass die Registerbehörde im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft, die die personenbezogenen Daten zur Eintragung
in das Verfahrensregister mitgeteilt hat, über den Umfang
der Auskunft zu entscheiden und dabei auch zu berücksichtigen hat, welche sonstigen Rückschlüsse aus der Art
der jeweiligen Auskunft geschlossen werden können. Ich
hoffe, dass dieses Problem in nächster Zeit gelöst werden
kann.
6.12
Generalbundesanwalt beim
Bundesgerichtshof
Beim Generalbundesanwalt (GBA) beim Bundesgerichtshof habe ich mir ein Bild über den dortigen Umgang mit
besonders schutzwürdigen personenbezogenen Daten
verschafft. Thematische Schwerpunkte meines Besuches
waren die Anordnung und Durchführung von Telefonüberwachungsmaßnahmen nach § 100 a StPO, insbesondere die Benachrichtigung der Beteiligten nach § 101
Abs. 1 StPO und die Vernichtung der Unterlagen nach
§ 100b Abs. 6 StPO.
Nach § 101 Abs. 1 StPO sind bei einer Überwachung der
Telekommunikation die Beteiligten zu benachrichtigen,
sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks,
der öffentlichen Sicherheit, von Leib oder Leben einer
Person sowie der Möglichkeit der weiteren Verwendung
eines eingesetzten nicht offen ermittelnden Beamten geschehen kann.
Sowohl die Prüfung von Akten als auch die Diskussion
mit dem GBA hat ergeben, dass die Problematik
hauptsächlich im Begriff des „Beteiligten“ liegt. Der Gesetzeswortlaut lässt sich an dieser Stelle sehr weit auslegen und kann dazu führen, dass neben dem Beschuldigten
jede Person, mit der dieser den überwachten Fernmeldeverkehr geführt hat, sowie jede Person, die den überwachten Telefonanschluß benutzt hat – sei es als Anrufer
oder als Angerufener – zu benachrichtigen ist. In der
Praxis ergeben sich hier bereits erhebliche Schwierigkeiten bei der Ermittlung bzw. Identifizierung dieses Personenkreises. Ein Teil der Gesprächsteilnehmer oder Anschlussbenutzer wird zwar zunächst namentlich bekannt,
falls aber das entsprechende Gespräch nicht zur weiteren
Strafverfolgung gegen den Beschuldigten erforderlich ist,
nehmen die Ermittlungsbehörden keine genaue Personenidentifizierung vor mit der Folge, dass sich aus den Akten
nicht entnehmen lässt, welche Person genau zu benachrichtigen ist. Darüber hinaus gibt es in der Regel auch Gesprächsteilnehmer, die zwar zu Beginn des Ermittlungsverfahrens aufgrund bestimmter Anhaltspunkte für die
Strafverfolgung relevant sind, bei denen sich aber später
herausstellt, dass keine Verbindung zum Strafverfahren
besteht. Bei diesem Personenkreis wurde zwar zunächst
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eine Personenidentifizierung vorgenommen, im Laufe
des Ermittlungsverfahrens werden aber keine Änderungen, wie z. B. ein Wohnungswechsel, festgehalten. So ist
in einem der geprüften Verfahren fast die Hälfte der Benachrichtigungsschreiben als unzustellbar zurückgekommen, weil die Adressaten unter der aus den Akten entnommenen Anschrift nicht mehr erreichbar waren. An
diesen Beispielen wird deutlich, dass eine weite Auslegung des Begriffes des Beteiligten die Praxis der Strafverfolgungsbehörden vor große Probleme stellt.
Neben diesen eher praktischen Problemen stellt sich bei
der Benachrichtigung eines großen Personenkreises die
Frage, inwieweit durch die Benachrichtigung selbst unverhältnismäßig in die schutzwürdigen Belange Dritter
oder auch des ursprünglich Beschuldigten selbst eingegriffen wird. Hinsichtlich verfahrensunbeteiligter Dritter
kann das insbesondere dann der Fall sein, wenn ihre Identität und Anschrift erst zum Zwecke der Benachrichtigung
mit eventuell großem Aufwand ermittelt wird, weil dadurch ein erneuter Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte
erfolgt. Im Hinblick auf den ursprünglich Beschuldigten
ist zu bedenken, dass durch die Benachrichtigung seiner
Gesprächspartner und anderer Anschlussbenutzer notwendigerweise offenbart wird, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Delikts, das
eine Telefonüberwachungsmaßnahme rechtfertigt, stattgefunden hat, und dies, obwohl möglicherweise Jahre
vergangen sind. Eine derartige Benachrichtigung könnte
insbesondere dann unverhältnismäßig sein, wenn sich der
Verdacht nicht erhärtet hat und das Verfahren eingestellt
worden ist oder wenn ein geschäftlich genutzter Anschluss (z. B. Unternehmen, Rechtsanwaltskanzlei) überwacht wurde und auf diese Weise Kunden und Geschäftspartner über das Ermittlungsverfahren informiert werden.
Eine Abwägung zwischen den möglicherweise entgegenstehenden schutzwürdigen Belangen aller betroffenen
Personen sieht das Gesetz aber nicht vor.
Die Diskussion, aber auch die Kontrolle der vorgelegten
Akten ergab, dass die Frage, wer wann zu benachrichtigen
ist, einheitlich für die gesamte Behörde zu regeln ist. Im
Nachgang zu meinem Besuch hat der GBA erfreulicherweise Richtlinien erlassen, die sowohl dem gesetzlichen
Gebot der Benachrichtigung als auch den schutzwürdigen
Belangen des Beschuldigten Genüge tun.
Von den Maßnahmen der Telefonüberwachung sind demnach in jedem Fall der Beschuldigte und, falls keine Identität besteht, der Anschlussinhaber zu benachrichtigen.
Ferner werden die bekannten Nutzer eines privaten Telefonanschlusses benachrichtigt. Dabei kann es sich z. B.
um im Haushalt des Anschlussinhabers lebende Familienangehörige oder um Mitbewohner einer Wohngemeinschaft handeln. Die Benachrichtigungen sind an die
Adresse der Wohnanschrift zu senden. Falls diese Person
dort nicht mehr wohnt und die neue Adresse nicht bekannt
ist, werden in der Regel keine Ermittlungen zur Feststellung des Aufenthaltsortes eingeleitet.
Nach § 100b Abs. 6 StPO sind die durch die Telefonüberwachung erlangten Unterlagen unverzüglich zu vernichten, wenn sie zur Strafverfolgung nicht mehr erforderlich