Drucksache 14/5555
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Übereinkommen wurde am 29. Mai 2000 von den Vertretern der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten gezeichnet;
vor einer Umsetzung ist noch der erläuternde Bericht zu
dem Übereinkommen anzunehmen, der zur Zeit auf Fachebene beraten wird.
Anlässlich der Beratungen des Übereinkommensentwurfs
habe ich Wert darauf gelegt, dass Gewährleistungen des
Persönlichkeitsrechts im deutschen Strafverfahrensrecht
nicht aufgegeben werden. Dies gilt insbesondere für den
sensiblen Bereich der Überwachung von Telekommunikation. Das Übereinkommen sieht vor, dass zum Zwecke
einer strafrechtlichen Ermittlung eine zuständige Behörde
in einem Mitgliedstaat ein Ersuchen an die zuständige
Behörde eines anderen Mitgliedstaats um Überwachung
des Telekommunikationsverkehrs richten kann. Dabei
kann es sich um die Bitte nach technischer Hilfe handeln,
es kann jedoch auch, wenn sich die Zielperson im ersuchten Mitgliedstaat aufhält, um die eigenständige Überwachung der Telekommunikation und die Weiterleitung der
Aufnahmen ersucht werden. In solchen Fällen ist der ersuchte Staat verpflichtet, dem Ersuchen nachzukommen,
wenn er bestimmte Informationen erhalten hat und dem
Ersuchen dann stattgeben würde, wenn es von einer seiner nationalen Behörden gestellt worden wäre. Die zuständige Behörde, die diese Prüfung vorzunehmen hat, ist
in Deutschland in der Regel die Staatsanwaltschaft, in deren Bezirk die Überwachungsmaßnahme stattfinden soll.
Die Prüfung bemisst sich nach nationalem Recht und somit insbesondere nach §§ 100a f. StPO. Liegen die dort
geregelten Voraussetzungen nicht vor, kann dem Ersuchen nicht stattgegeben werden.
Hinsichtlich der Verwendung der Ergebnisse von Überwachungsmaßnahmen, insbesondere bezüglich Zweckänderung, Vernichtung und Benachrichtigungspflichten,
enthält das Übereinkommen zwar keine explizite Regelung. Es besteht aber die Möglichkeit, dass der ersuchte
Mitgliedstaat seine Zustimmung von der Erfüllung von
Bedingungen abhängig machen kann, die in einem vergleichbaren Fall aufgrund des jeweiligen nationalen
Rechts zu erfüllen wären. Insoweit kann im Rahmen der
Bewilligung des Ersuchens durch die Auferlegung entsprechender Bedingungen die Verwendung und Vernichtung des erlangten Materials geregelt werden.
Die nach deutschem Recht geltenden Schutzvorkehrungen im Zusammenhang mit der Überwachung der Telekommunikation konnten folglich weitgehend in das Übereinkommen übernommen werden. Dies bewerte ich
positiv, insbesondere mit Blick darauf, dass bei europäischen Übereinkommen jeder Mitgliedstaat mit Kompromissen leben muss.
Ferner wurde erfreulicherweise eine Datenschutzklausel
im Übereinkommen selbst aufgenommen und nicht nur,
wie ursprünglich vorgesehen, im Rahmen eines Zusatzprotokolls. Diese Regelung enthält eine Zweckbindung
zum Schutz personenbezogener Daten, von der entweder
nur mit Zustimmung des übermittelnden Mitgliedstaats
oder beispielsweise zur Abwehr einer unmittelbaren und
ernsthaften Gefahr für die öffentliche Sicherheit abgewichen werden darf.
6.10
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Cyber Crime – Übereinkommen des
Europarates über Datennetzkriminalität
Im Frühjahr 1999 wurde ich vom BMJ erstmals im Rahmen der Ressortabstimmung an dem Entwurf eines Übereinkommens des Europarates über Datennetzkriminalität
beteiligt, allgemein auch als „Cyber-Crime Convention“
bekannt. Der Übereinkommensentwurf geht von der
Überzeugung aus, dass eine wirksame Bekämpfung der
Datennetzkriminalität eine verstärkte und rasche internationale Zusammenarbeit in Strafsachen verlangt. Der
Schutz der Gesellschaft vor der Gefahr, dass Rechnernetze und elektronische Daten auch zur Begehung von
Straftaten genutzt werden können, soll unter anderem
durch die Schaffung angemessener Rechtsvorschriften erreicht werden. Im Übereinkommen befinden sich daher
sowohl Regelungen zum materiellen Strafrecht, also konkrete Straftatbestände, als auch zum Verfahrensrecht, d. h.
wie diese Straftaten verfolgt werden sollen; ein weiterer
Komplex befasst sich mit Fragen der internationalen Zusammenarbeit.
Im Laufe der Beratungen auf nationaler und auf internationaler Ebene hat der Entwurf zahlreiche inhaltliche Änderungen erfahren. Besonderes Augenmerk habe ich auf
die Bestimmungen zu den Überwachungsmaßnahmen im
Bereich der elektronischen Kommunikation gelegt. Hier
geht es um die Überwachung der sog. Verbindungsdaten,
d. h. der Daten, die bei der Inanspruchnahme der elektronischen Kommunikationswege anfallen, und um die sog.
Inhaltsdaten, also um die Gespräche selbst. Dabei konnte
ich erreichen, dass – zumindest in der aktuellen Entwurfsfassung – eine Überwachung der Telekommunikation auf schwerwiegende Delikte beschränkt ist und unter
dem Vorbehalt nationalen Rechts steht. Hinsichtlich der
Verbindungsdaten ist eine Sammlung oder Aufzeichnung
nur zu Zwecken strafrechtlicher Ermittlungen und Verfahren möglich, wenn nationale Bestimmungen nicht entgegenstehen. Einer in früheren Entwürfen vorgesehenen
Verpflichtung der Diensteanbieter, Verbindungsdaten, die
sich auf die über ihre Computersysteme ablaufenden Datenübertragungen beziehen, quasi auf Vorrat für einen längeren Zeitraum zu speichern, bin ich erfolgreich entgegengetreten.
6.11
Bundeszentralregistergesetz
6.11.1 Novellierung des Bundeszentralregistergesetzes
Unter Nr. 6.9 meines 17. TB habe ich über die Arbeiten
zur Novellierung des Bundeszentralregistergesetzes
(BZRG) berichtet, die allerdings in der abgelaufenen Legislaturperiode nicht mehr abgeschlossen werden konnten. Seit dem Frühjahr 2000 befindet sich nunmehr der
neue Referentenentwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des BZRG in der Ressortabstimmung. Dieser
orientiert sich im Wesentlichen an dem Inhalt des Vorentwurfs und berücksichtigt zahlreiche meiner Empfehlungen.