Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
– 229 –
Drucksache 14/5555
Anlage 25 (zu Nr. 6.3)
Entschließung der 58. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
vom 7./8. Oktober 1999 zu:
DNA-Analysen zur künftigen Strafverfolgung auf der Grundlage von Einwilligungen
In der Strafprozessordnung ist der Einsatz der DNA-Analyse zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung nur mit
richterlicher Anordnung vorgesehen.
In einigen deutschen Ländern werden DNA-Analysen
ohne richterliche Anordnung gestützt allein auf die Einwilligung der Betroffenen durchgeführt. Soweit die dabei
erhobenen Daten zum Zweck der Identitätsfeststellung in
künftigen Strafverfahren genutzt werden sollen, bedürfen
DNA-Analysen nach der klaren gesetzlichen Regelung
des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes jedoch einer
richterlichen Anordnung. Der Richter oder die Richterin
hat u. a. die Prognose zu treffen, ob Grund zur Annahme
besteht, dass gegen Betroffene künftig erneut Strafverfahren wegen des Verdachts erheblicher Straftaten zu führen
sind. Wenn nunmehr auch DNA-Analysen gespeichert
und zum Zweck der zukünftigen Strafverfolgung genutzt
werden dürfen, die auf freiwilliger Basis – also ohne richterliche Anordnung – erstellt worden sind, und dies sogar
durch die Errichtungsanordnung für die DNA-AnalyseDatei beim BKA festgeschrieben werden soll, werden damit die eindeutigen gesetzlichen Vorgaben des DNAIdentitätsfeststellungsgesetzes unterlaufen.
Die von Strafgefangenen erteilte Einwilligung zur Entnahme, Analyse und Speicherung kann keine Grundlage
für einen derartigen Eingriff sein. Eine wirksame Einwil-
ligung setzt voraus, dass sie frei von psychischem Zwang
freiwillig erfolgt. Da Strafgefangene annehmen können,
dass die Verweigerung der Einwilligung Auswirkungen
z. B. auf die Gewährung von Vollzugslockerungen hat,
kann hier von Freiwilligkeit keine Rede sein. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Freiwilligkeit einer Einwilligung ist die subjektive Einschätzung des Betroffenen. Auch wenn im Einzelfall die Weigerung von
Strafgefangenen, sich einer DNA-Analyse zu unterziehen, die Entscheidung über Vollzugslockerungen nicht
beeinflusst, ist dennoch davon auszugehen, dass die Befürchtung, die Verweigerung habe negative Folgen, die
freie Willensentscheidung beeinträchtigen.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
halten deshalb die Praxis einiger Länder, DNA-Analysen
– abweichend von den gesetzlich vorgesehenen Verfahren –
systematisch auf der Grundlage von Einwilligungen
durchzuführen, für eine Umgehung der gesetzlichen Reglung und damit für unzulässig. Die möglicherweise mit
der Beantragung richterlicher Anordnungen verbundene
Mehrarbeit ist im Interesse der Rechtmäßigkeit der Eingriffsmaßnahmen hinzunehmen. Die Datenschutzbeauftragten fordern daher, DNA-Analysen zum Zweck der
Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren nur
noch auf der Grundlage richterlicher Anordnungen durchzuführen.