Drucksache 14/5555

– 222 –

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Anlage 19 (zu Nr. 11.2)

Entschließung der 59. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
vom 14./15. März 2000 zu:
Unzulässiger Speicherungsumfang in „INPOL-neu“ geplant

Das Bundeskriminalamt und die Polizeien der Bundesländer konzipieren seit geraumer Zeit unter der Bezeichnung „INPOL-neu“ eine Fortentwicklung des gemeinsamen Informationssystems. Inzwischen steht der Beginn
der schrittweisen Einführung des neuen Datenaustauschsystems kurz bevor.
Das Informationssystem INPOL wirft in vielfacher Hinsicht datenschutzrechtliche Probleme auf. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben
mehrfach aus konkretem Anlass darauf hingewiesen, dass
nicht jede mit den heutigen technischen Möglichkeiten
realisierbare oder mit polizeifachlicher Erforderlichkeit
begründete Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig ist. Bereits bei der Konzeption des INPOL-Systems
muss vielmehr dafür Sorge getragen werden, dass in das
Recht der Bürgerinnen und Bürger auf informationelle
Selbstbestimmung nur soweit eingegriffen wird, wie dies
im Rahmen der Erforderlichkeit für die polizeiliche Aufgabenerfüllung durch Rechtsvorschriften erlaubt wird.
Es besteht jedoch Grund zu der Sorge, dass es bei der
Neugestaltung des INPOL-Systems zu falschen Weichenstellungen mit der Folge unzulässiger Verarbeitung personenbezogener Daten kommt. Die zu befürchtende Fehlentwicklung liegt darin, dass das Bundeskriminalamt und
die Landeskriminalämter planen, künftig im Bundes–Kriminalaktennachweis (KAN) die „gesamte kriminelle Karriere“ jeder Person abzubilden, die aus Anlass eines IN-

POL-relevanten Delikts erfasst ist. Es sollen in diesen Fällen auch Daten über solche Straftaten gespeichert und
zum Abruf bereit gehalten werden, die weder von länderübergreifender oder internationaler noch von besonderer Bedeutung sind.
§ 2 Abs. 1 BKAG beschränkt die Zuständigkeit des BKA
(als Zentralstelle des polizeilichen Informationssystems)
sowohl im präventiven als auch im repressiven Bereich
auf „Straftaten mit länderübergreifender, internationaler
oder erheblichen Bedeutung“. Der Wortlaut ist eindeutig.
Anknüpfungspunkt und Gegenstand der Einteilung in
INPOL-relevante Informationen einerseits und INPOLirrelevante Informationen andererseits sind die „Straftaten“, nicht die einzelne Person und auch nicht das „Gesamtbild einer Person“. Der Gesetzeswortlaut bildet die
Grenze der Auslegung; eine über den Wortsinn hinausgehende Anwendung verstößt gegen das Gesetz. Daher ist es
unzulässig, die Frage der INPOL-Relevanz unabhängig
von der konkreten einzelnen Straftat zu beurteilen. Vielmehr dürfen im Bundes-KAN nur Informationen zu solchen Straftaten verarbeitet werden, die im Einzelfall die
in § 2 Abs. 1 BKAG aufgestellte Bedeutungsschwelle
überschreiten.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
fordern das Bundesinnenministerium und die Innenministerien der Länder auf, von der geschilderten KAN-Erweiterung abzusehen.

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