Drucksache 14/5555
– 218 –
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Anlage 15 (zu Nr. 6.5)
Entschließung der 58. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
vom 7./8. Oktober 1999 zu:
Täter-Opfer-Ausgleich und Datenschutz
Kernstück datenschutzrechtlicher Überlegungen zum Täter-Opfer-Ausgleich ist die Frage, ob Institutionen zur
Durchführung des Ausgleichsverfahrens umfassende Informationen insbesondere über Opfer von Straftaten erhalten dürfen, ohne dass diese davon Kenntnis erlangt und
eingewilligt haben.
Darin wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht
auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen zu
sehen. Dies ist nach geltendem Recht unzulässig.
Der nunmehr vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung (BR-Drs. 325/99 vom 28.Mai 1999) sieht in
§ 155a Satz 3 StPO-Entwurf vor, dass nur der ausdrücklich geäußerte entgegenstehende Wille der oder des Verletzten dazu führt, dass keine Datenübermittlungen an
Schlichtungsstellen erfolgen sollen. Das bedeutet, dass
solche im Einzelfall gleichwohl möglich sind. Dies halten
die Datenschutzbeauftragten nicht für ausreichend.
Der Bundesrat ist sogar dem Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht gefolgt; er hat vielmehr angeregt, im Gesetz klarzustellen, dass es für solche Datenübermittlungen
auf den Willen der Opfer nicht ankommen soll. Folgende
Argumente werden dafür genannt: Eine vor der Einschaltung von Schlichtungsstellen durch die Justiz einzuholende Einwilligung führe dazu, dass das kriminalpolitisch
wichtige Institut des „Täter-Opfer-Ausgleichs“ nicht ausreichend genutzt werde. Erst die professionelle Tätigkeit
der Schlichtungsstellen mit ihrem Selbstverständnis als
„objektive Dritte mit dem Gebot der Unterstützung jeder
Partei“ könnte wirksame Überzeugungsarbeit leisten; nur
dann könne der Rechtsfriede dauerhafter als bei herkömmlichen Verfahren sichergestellt werden, wenn durch
die „fachlich geleitete Auseinandersetzung“ der „am
strafrechtlich relevanten Konflikt beteiligten Parteien im
Idealfall Verständnis und wechselseitige Toleranz geweckt werden“.
Dieser Argumentation widersprechen die Datenschutzbeauftragten entschieden: Die Achtung und wirksame Unterstützung der Opfer ist ein wesentliches Anliegen des
Strafverfahrens. Rechtsfriede und Toleranz können nur
verwirklicht werden, wenn die Strafverfolgungsbehörden
bei Datenübermittlungen an Schlichtungsstellen (z. B. in
der Rechtsform von Vereinen) den Willen und die Eigenverantwortung der Opfer uneingeschränkt respektieren.
Auch die Sicht der Beschuldigten, ohne deren Mitwirkung der Täter-Opfer-Ausgleich nicht durchgeführt werden kann, sollte von den Strafverfolgungsbehörden dabei
berücksichtigt werden. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten fordert deshalb, dass an der Voraussetzung
der unzweifelhaften Einwilligung vor solchen Datenübermittlungen festgehalten wird.
Ferner sollte der Gesetzgeber festlegen, dass die Berichte
der Schlichtungsstellen an Staatsanwaltschaft und Gericht
nur für Zwecke der Rechtspflege verwendet werden dürfen. Das besondere Vertrauensverhältnis zwischen den
Schlichtungsstellen und den am „Täter-Opfer-Ausgleich“
Beteiligten muss gesetzlich geschützt werden.