Drucksache 14/5555
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Richtlinie künftig als Mitglied der Artikel 29-Gruppe
(s. o. Nr. 2.2) angehören wird. Wenn Unionsbürger der Meinung sind, dass sie in ihren Rechten verletzt worden sind,
die ihnen durch die Verordnung gewährt werden, können
sie künftig ihre Beschwerden direkt an den Europäischen
Datenschutzbeauftragten richten, der sein Amt gem. Art. 44
Abs. 1 in völliger Unabhängigkeit ausübt.
der Länder zu den Fragen der Aufnahme eines Grundrechts
auf Datenschutz in die Charta und seine inhaltliche Ausgestaltung Stellung genommen.
2.4
„(1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.
Europäische Charta der Grundrechte
Am 7. Dezember 2000 wurde anlässlich des Europäischen
Rates von Nizza von den Staats- und Regierungschefs der
Mitgliedstaaten der Europäischen Union, dem Präsidenten
der Europäischen Kommission und der Präsidentin des Europäischen Parlaments feierlich die Europäische Charta der
Grundrechte verkündet. Damit fand ein Vorhaben seinen
Abschluss, zu dem der am 15./16. Oktober 1999 in Tampere tagende Europäische Rat den endgültigen Startschuss
gegeben hatte, nachdem sich bereits der Europäische Rat in
Köln im Juni 1999 auf Initiative der Bundesregierung in
seinen Schlussfolgerungen dafür ausgesprochen hatte, dass
„die auf der Ebene der Union geltenden Grundrechte in einer Charta zusammengefasst und dadurch sichtbar gemacht
werden“. Der Entwurf der Charta wurde seit Dezember
1999 von einem Konvent unter der Leitung des ehemaligen
Bundespräsidenten Roman Herzog erarbeitet. Dem Konvent gehörten Vertreter der Regierungen und der Parlamente der Mitgliedstaaten der EU sowie des Europäischen
Parlaments an.
Nachdem die Gemeinschaft mit der Datenschutzrichtlinie
95/46/EG vom 24. Oktober 1995 einen beachtlichen Beitrag zur praktischen Umsetzung des Datenschutzes geleistet hat und der Datenschutz mit der an die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft gerichteten Vorschrift des
Art. 286 bereits Eingang in den Vertrag über die Europäische Union gefunden hat (zu dem auf Art. 286 gegründeten Verordnungsvorschlag zum Datenschutz durch Organe
und Einrichtungen der Gemeinschaft s. o. Nr. 2.3), bestand
als nächste Zielvorgabe zu seiner Bekräftigung auf europäischer Ebene die Aufnahme eines Grundrechts auf Datenschutz in den neu zu schaffenden Katalog.
Aus diesem Grund haben die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder und die Artikel 29Gruppe (s. o. Nr. 2.2.1) die Ausarbeitung der Grundrechtecharta von Anfang an begleitet und sich bereits im
Vorstadium der Konventsberatungen geäußert. So forderte
die 58. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes
und der Länder vom 7./8. Oktober 1999 in Rostock Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat auf, sich für die
Einfügung eines Grundrechts auf Datenschutz in den zu
schaffenden Katalog europäischer Grundrechte einzusetzen (s. Anlage 13). Auch die Brüsseler Datenschutzgruppe
wandte sich mit ihrer Empfehlung 4/99 über die Aufnahme
des Grundrechts auf Datenschutz in den Europäischen
Grundrechtekatalog vom 7. September 1999 (Anlage 5 zu
Nr. 2.2.1, WP 26) an den Vorsitzenden des Konvents. In einer gemeinsamen Sitzung des Bundestagsausschusses für
die Angelegenheiten der EU und des Europa-Ausschusses
des Bundesrates am 5. April 2000 in Berlin habe ich für die
Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und
Die in Nizza proklamierte Charta hat die Anliegen des Datenschutzes in erfreulicher Weise aufgegriffen und in
Art. 8 mit dem Titel „Schutz personenbezogener Daten“
die wesentlichen Grundsätze des Datenschutzes berücksichtigt. Art. 8 lautet:
(2) Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für
festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Personen oder auf einer sonstigen gesetzlich
geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden.
Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken.
(3) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer
unabhängigen Stelle überwacht.“
Daneben regelt Art. 42 das Recht auf Zugang zu Dokumenten:
„Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie
jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz
oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat
haben das Recht auf Zugang zu den Dokumenten des
Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission.“
Allerdings kommt der Charta eine rechtsverbindliche
Wirkung zumindest bis auf weiteres nicht zu, da sie vorerst – entgegen dem von Deutschland unterstützten Vorschlag der französischen Ratspräsidentschaft – nicht in
die Verträge über die Europäische Union aufgenommen
wurde. Hierfür hätten die in Nizza versammelten Staatsund Regierungschefs einstimmig votieren müssen. Die
58. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes
und der Länder hatte sich bereits in ihrer Entschließung
vom 7./8. Oktober 1999 (s. Anlage 13) für eine Verankerung des Grundrechtekatalogs in den Europäischen Verträgen ausgesprochen. Auch das Europäische Parlament
plädierte in seiner Entschließung vom 16. März 2000 (BTDrs. 213/00) für volle Rechtsverbindlichkeit der Grundrechtecharta ebenso wie der Bundesrat in seiner Entschließung vom 14. Juli 2000 (BR-Drs. 378/00) und
zuletzt die 26. Europaministerkonferenz der Länder mit
ihrem Wismarer Beschluss vom 8./9. November 2000.
Die vorerst wichtigste praktische Bedeutung der Europäischen Grundrechtecharta wird darin liegen, dass der Europäische Gerichtshof sie laut einer entsprechenden
Ankündigung in seine ständige Rechtsprechung mit einbeziehen wird.
2.5
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten der Europäischen Union
Die Frühjahrskonferenz der unabhängigen europäischen
Datenschutzbehörden vom 14. bis 16. April 1999 in Helsinki behandelte neben allgemeinen Fragen der Daten-