Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

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Mit diesen Regelungen ist die Bundesregierung meinen
Empfehlungen gefolgt. Eine unbefriedigende Regelung
ist jedoch die aktienrechtliche Pflicht zur Veröffentlichung des Teilnehmerverzeichnisses der Aktionärsversammlung. Zwar soll es dem Namensaktionär künftig
ermöglicht werden, sich der Offenlegung seines Aktienbesitzes dadurch zu entziehen, dass er sich auf der Hauptversammlung durch sein Kreditinstitut vertreten lässt. Darüber hinaus streicht das Gesetz das Teilnehmerverzeichnis aus der Liste der zum Handelsregister einzureichenden und dort jedermann zugänglichen Unterlagen.
Das Recht der Aktionäre, die Teilnehmerliste der Hauptversammlung während eines Zeitraums von zwei Jahren
bei der Gesellschaft einzusehen, soll jedoch bestehen bleiben. Wer seinen Datenschutz wirksam gewahrt wissen
will, dem bleibt daher nichts anderes übrig, als auf die persönliche Teilnahme an der Hauptversammlung zu verzichten. Um hier einen datenschutzrechtlichen Missbrauch auszuschließen, hätte ich mir gewünscht, dass
zumindest die Nutzung der in der Teilnehmerliste enthaltenen Daten auf berechtigte, gesellschaftsbezogene
Zwecke beschränkt worden wäre.

31.7

Einzelfragen aus dem Düsseldorfer
Kreis

Im „Düsseldorfer Kreis“ sind die obersten Aufsichtsbehörden der Länder für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich vertreten (s. auch 17. TB Nr. 31.5). Interessante Einzelfragen im Berichtszeitraums waren u. a.:
31.7.1 Bonitätsprüfungen vor Durchführung
ärztlicher Behandlungen
Immer häufiger ist es für Ärzte, besonders auch Zahnärzte, notwendig, bei umfangreichen Behandlungen die
Bonität ihrer Patienten zu prüfen. Es handelt sich hier um
Fälle, bei denen die behandelnden Ärzte, etwa durch das
Hinzuziehen von Zahntechnikern, Vorleistungen erbringen müssen. Wegen der damit verbundenen finanziellen
Risiken vergewissern sich die Ärzte durch Anfragen bei
einem Kreditschutzunternehmen oder einer Auskunftei
über die Bonität der zu behandelnden Patienten.
Solche Bonitätsanfragen sind wegen ihres Bezugs zu den
Gesundheitsdaten der Patienten besonders problematisch.
Zur Beantwortung der Anfragen müssen personenbezogene Daten übermittelt werden, mit denen eindeutig die
Identität der Patienten oder bei minderjährigen Patienten
die Identität der zahlungspflichtigen Erziehungsberechtigten festgestellt werden kann. Zugleich wird offenbart,
dass jemand ärztlich behandelt wird, was eine unbefugte
Preisgabe eines nach § 203 StGB geschützten fremden
Geheimnisses bedeutet.
Nach gemeinsamer Auffassung der Aufsichtsbehörden ist
daher vor einer solchen Bonitätsanfrage eine Einwilligung des Patienten oder je nach Fallgestaltung des Erziehungsberechtigten einzuholen. Der Arzt muss den
Patienten informieren, an welches Unternehmen die
Bonitätsanfrage gerichtet wird. Bei der Anfrage selbst

Drucksache 14/5555

dürfen nur im unbedingt notwendigen Umfang Daten
übermittelt werden. Keinesfalls dürfen hier Angaben zur
Erkrankung oder zur Behandlung weitergegeben werden.
31.7.2 Informationsaustausch der privaten
Krankenversicherer nach Vertragsabschluss
Rückfragen von privaten Krankenversicherungen nach
bis zu zehn Jahren zurückliegenden Gesundheitsdaten
beim Vorversicherer boten Anlass für eine Erörterung der
Aufsichtsbehörden mit den Vertretern der Versicherungswirtschaft. In diesen Einzelfällen fehlte ein konkreter Bezug der Abfragen zu den aktuellen Kostenerstattungsanträgen der Versicherten.
Mit der Versicherungswirtschaft bestand Einigkeit darüber, dass ein so umfassender Datenaustausch zur Risikoprüfung grundsätzlich nur vor Vertragsabschluss aufgrund der Schweigepflichtentbindungserklärung zulässig
ist. Danach sind nur noch innerhalb eines Zeitraumes von
fünf Jahren anlassbezogene Rückfragen zulässig, die mit
den aufgetretenen Krankheits- oder Beschwerdebildern in
Zusammenhang stehen.
31.7.3 Datenschutz im Call-Center
Viele Unternehmen bedienen sich sog. Call-Center zur
Beantwortung von Kundenanfragen und -problemen.
Call-Center sind hochtechnisierte computergestützte Unternehmen, die anbieten, Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter insbesondere mittels TK-Einrichtungen zu betreuen.
Insbesondere die Frage, ob Kundengespräche mit den jeweiligen Beratern des Call-Centers durch zum Beispiel
einen Teamleiter mitgehört oder aufgezeichnet werden
dürfen, beschäftigte die Aufsichtsbehörden. Auf Seiten
der Call-Center besteht hier ein Interesse, die Qualität der
Kundenbetreuung auf diese Weise überprüfen zu können.
Die Aufsichtsbehörden sind sich einig, dass eine Aufzeichnung von Gesprächen nur nach vorheriger Einwilligung des Kunden in Betracht kommt. Eine Aufzeichnung
ohne eine solche Einwilligung ist grundsätzlich nach
§ 201 StGB als „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ strafbar. Beim Mithören eines Kundengespräches zu
Überprüfungs- oder Ausbildungszwecken empfehle ich
ebenfalls regelmäßig eine Information des Anrufers. Auch
der Arbeitnehmer, dessen Gesprächsführung durch das
Mithören auf Seiten des Arbeitgebers überprüft wird, ist
nicht schutzlos. Ein heimliches Mithören von Gesprächen
ist generell unzulässig. Wenn der Arbeitgeber beispielsweise in der Probezeit oder stichprobenweise Gespräche
des Arbeitnehmers mithören möchte, muss er ihn vorher
darüber informieren.
31.7.4 Der gläserne Kunde oder die Wiederkehr
der Rabattmarke?
Das Rabattmarkensystem der Vergangenheit feiert Wiederauferstehung. Aber, geht es hier wirklich nur darum,

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