Drucksache 14/5555

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und die Personenkennzahlen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu löschen.
In den unter Federführung des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Technologie geführten Gesprächen über
Aufbau, Vergabe und Verwendung der Unternehmensnummer wirke ich darauf hin, dass sie nicht die Funktion
eines allgemein verwendbaren Personenkennzeichens bekommen kann. Um dies zu verdeutlichen sollen für die
Verwendung der Nummer und der mit ihr verbundenen
Stammdaten klare und abschließende gesetzliche Vorgaben getroffen werden. Die bisherigen Ergebnisse der Beratungen entsprechen diesem Anliegen.
Im Jahr 2001 soll zunächst ein Gesetz für eine Testphase
im Jahr 2002 erarbeitet und verabschiedet werden. Bei Erfolg soll mit den dabei gemachten Erfahrungen in den folgenden beiden Jahren das eigentliche Gesetzgebungsverfahren durchgeführt werden, damit die Einführung
der Unternehmensnummer zum 1. Januar 2005 erfolgen
kann.

30.3

Wahlstatistik

30.3.1 Regelungen bei Urnenwahl
Der Deutsche Bundestag hatte für die Bundestagswahlen
1994 und 1998 die Durchführung der Wahlstatistik wegen
verfassungsrechtlicher Bedenken ausgesetzt (s. 15. TB
Nr. 22.6). Zuvor war die Sonderauszählung eines Teils der
Stimmen zur Untersuchung des Wahlverhaltens nach Alter, Geschlecht und Region wegen erheblicher Zweifel an
der Gewährleistung des Wahlgeheimnisses in die Kritik
geraten, obwohl konkrete Verletzungen des Wahlgeheimnisses nicht bekannt geworden waren. Zweifelhaft schien,
ob die Rechtsgrundlage hinreichend präzise sei und das
Wahl- und Statistikgeheimnis ausreichend gewährleistet
werde. Die Bedenken richteten sich u. a. gegen die Zumutbarkeit der Auflage für einen Teil der Wähler, ihr
Wahlrecht nur mit einem nach Alter und Geschlecht gekennzeichneten Stimmzettel ausüben zu können.
Die repräsentative Wahlstatistik sollte aber nicht endgültig abgeschafft, sondern nur zeitlich bis zur rechtlichen
Absicherung ausgesetzt werden. Die Novellierung hatte
in erster Linie die Sicherung des Wahlgeheimnisses zum
Ziel, aber auch die Sicherung der Aussagekraft und die Beschleunigung der repräsentativen Wahlstatistik. Denn
Wahlforscher und auch Politiker wünschten sie weiterhin
als unverzichtbares Instrument zur Überprüfung der Umfragedaten der Wahlforschung. Bei einer Abschaffung der
amtlichen Sonderauszählung würden wichtige Daten über
das tatsächliche Wahlverhalten verloren gehen; so könnten
z. B. rechtsradikale Tendenzen bestimmter Wählergruppen
oder das Wahlverhalten von Jugendlichen nur mit Hilfe
dieser Statistik erkannt werden. Da somit an der Fortführung der repräsentativen Wahlstatistik sowohl aus der
Sicht der politischen Parteien und der wissenschaftlichen
Einrichtungen als auch des Parlaments, der Regierung und
Behörden ein erhebliches Allgemeininteresse bestand,
musste eine für alle Wähler zumutbare Lösung gefunden
werden. An den Beratungen dazu habe ich mich beteiligt.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Am 31. Mai 1999 trat das Gesetz über die allgemeine und
repräsentative Wahlstatistik mit folgenden wesentlichen
Schutzvorkehrungen, um Rückschlüsse auf das Wahlverhalten einzelner Wähler auszuschließen, in Kraft (BGBl I
S. 1023):
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Die Festlegung einer Mindestzahl von 400 Wahlberechtigten für die Stichprobenwahlkreise (§ 3).
Eine Zusammenfassung der Geburtsjahrgänge (§ 4).
Die Trennung der für die statistische Auswertung von
den für die Stimmauszählung zuständigen Stellen (§ 5).
Das Verbot der Zusammenführung von Wählerverzeichnis und gekennzeichneten Stimmzetteln bzw. Ergebnisausdrucken der Wahlgeräte (§ 5).
Eine strenge Zweckbindung für die Statistikstellen hinsichtlich der ihnen zur Auswertung überlassenen Wahlunterlagen (§§ 7,8).
Die öffentliche Bekanntmachung in den ausgewählten
Wahlbezirken über die Durchführung der Repräsentativerhebung (§ 3).

In einem Punkt habe ich mich nicht durchsetzen können,
obwohl sich der Innenausschuss des Bundestages meinem
Votum angeschlossen hatte. Ich hätte es vorgezogen,
wenn die Unterscheidungsmerkmale nach Alter und Geschlecht auf der Rückseite des Stimmzettels aufgedruckt
worden wären – als zusätzliche Sicherung der Vertraulichkeit der Stimmabgabe. Dadurch wäre die Zuordnung
eines Stimmzettels zu einer bestimmten Person bei der
Auszählung noch unwahrscheinlicher geworden als dies
durch die im Gesetz vorgesehenen Verfahrensregeln der
Fall ist. Das BMI hatte dagegen eingewandt, dass die
Druckkosten pro Stimmzettel um bis zu 200 % steigen
würden, und die Befürchtung geäußert, durch die rückseitige Kennzeichnung könnten Wähler eher misstrauisch
werden; außerdem seien die Stimmzettel anlässlich der
Europawahl 1999 z. T. bereits auf der Grundlage der bisherigen Praxis vorbereitet worden.
Ich bin gleichwohl – übereinstimmend mit dem Ausschuss – davon überzeugt, dass es sich hierbei um eine
wichtige Vertrauen bildende Maßnahme handelt, die auch
ohne ausdrückliche Regelung im Gesetz künftig so durchgesetzt werden kann und auch werden sollte.
30.3.2 Einbeziehung der Briefwähler
Das verabschiedete Wahlstatistikgesetz sieht noch keine
Verpflichtung zur Einbeziehung der Briefwähler vor.
Diese Entscheidung hatte der Bundesgesetzgeber für eine
spätere Klärung zurückgestellt. Briefwähler waren in der
Vergangenheit nicht in der Sonderauswertung erfasst. Angesichts wachsender Briefwahlquoten wird darin jedoch
eine Verzerrung der Repräsentativ-Stichprobe gesehen.
Nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes lag die
Briefwahlquote 1998 bei 15,5 %, Tendenz steigend.
Wahlforscher, Politiker und Parteien sehen in der Einbeziehung der Briefwähler eine notwendige Verfeinerung
des Instruments der amtlichen Sonderauszählung und le-

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