Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

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Die Probeerhebung ist als Bundesstatistik anzusehen,
mit der Folge, dass die strengen Auflagen des Bundesstatistikgesetzes zu beachten sind: Geheimhaltung, Abschottung, Löschungsverpflichtung, Strafbewehrung,
technische und organisatorische Sicherungen, Transparenz gegenüber dem Betroffenen.
Es dürfen keine Daten in den Verwaltungsvollzug
zurückfließen. Unstimmigkeiten bei den Meldedaten
werden ausschließlich durch die Statistischen Ämter
und nur für statistische Zwecke geklärt.
Durch die Testerhebung erfolgt keine Festlegung der
Methodik für einen späteren Zensus. Es handelt sich
jetzt nur um eine Sondierung, welche Daten und Verfahren tragfähig und welche es nicht sind. Erst nach
Auswertung dieser Probeerhebung wird bestimmt, wie
eine künftige Volkszählung durchgeführt werden soll.
Für jede zu erhebende Angabe – einschließlich aller
Hilfsmerkmale – muss es eine gesetzliche Grundlage mit
einer plausiblen Erklärung der Notwendigkeit geben.
Die Löschungsverpflichtungen müssen differenziert
ausgestaltet sein, damit Daten, die für Test- und Auswertungszwecke nicht mehr benötigt werden, sobald
wie möglich gelöscht werden können.

Weil es sich um eine Testphase mit zahlreichen Unwägbarkeiten und Ungewissheiten handelt, ist es m. E. hinnehmbar, das bei statistischen Erhebungen außerordentlich strenge Erforderlichkeitsgebot diesem Umstand
anzupassen. Denn sonst wäre es nicht möglich auszutesten, welche Daten sich für Hochrechnungen und Verknüpfungen als stabil erweisen und auf welche Erhebungsmerkmale bei einer künftigen Volkszählung
verzichtet werden muss, weil sie sich nicht als erforderlich erwiesen haben. Ich halte die im Gesetzentwurf getroffenen Regelungen für ausgewogen und mit dem Datenschutz vereinbar.
Kritiker einer Volkszählung durch Registerauswertung
verweisen auf die Aussagen der Verfassungsrichter im
Volkszählungs-Urteil von 1983, dass „...die Übernahme
sämtlicher Daten aus bereits vorhandenen Dateien der
Verwaltung (...) keine zulässige Alternative zu der vorgesehenen Totalerhebung“ sei. Die Verfassungsrichter begründeten das damit, dass die Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Registern der „Einführung eines
einheitlichen für alle Register und Dateien geltenden Personenkennzeichens oder dessen Substitut (gleichkomme).
Dies wäre aber gerade ein entscheidender Schritt, den einzelnen Bürger in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren.“ (BVerfGE 65,1..S. 56, 57)
Diese von den Verfassungsrichtern aufgezeigten Grenzen
der Informationsverarbeitung werden hier jedoch nicht
tangiert. Es wird kein – wie auch immer geartetes – Personenkennzeichen geben, das über alle Register und Dateien hinweg eine Verknüpfungsmöglichkeit schafft. Es
werden nur die Register der Meldebehörden und 3 Dateien der Bundesanstalt für Arbeit einbezogen; und zwar
die Datei für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte,
die Arbeitslosendatei und die Datei der Teilnehmer an

Drucksache 14/5555

Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung. Auch werden
keine Daten zusammengeführt, die den Bürger in seiner
ganzen Persönlichkeit registrieren können.
Die von den Verfassungsrichtern aufgestellte Messlatte
für Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Bürgers bleibt somit unangetastet.
Die Terminplanungen für das Testverfahren sehen vor, das
Gesetz Anfang 2001 einzubringen, die Testerhebungen im
Herbst 2001 durchzuführen und die Auswertungen im
Jahre 2003 zu präsentieren.

30.2

Die einheitliche Unternehmensnummer

Zu den Vorschlägen, bürokratische Hemmnisse zwischen
Unternehmen und Behörden sowie zwischen Behörden
untereinander abzubauen, gehört die Entwicklung und
Einführung einer einheitlichen Unternehmensnummer.
Zur Zeit haben Unternehmen bei Ämtern und Behörden jeweils unterschiedliche Nummern, die im Kommunikationsverkehr jeweils anzugeben sind (z. B. Steuer-Nr., Betriebs-Nr., Sozialversicherungs-Nr., Zoll-Nr., Statistik-Nr.).
Einen weiteren wesentlichen Vorteil einer einheitlichen
Unternehmensnummer sehen die Befürworter aus Verwaltung und Wirtschaft in der mit der Nummer verknüpften zentral geführten Stammdatendatei, in der Grunddaten
zum Unternehmen wie Name, Firmenbezeichnung, Anschrift, Rechtsform, Handelsregistereintrag gespeichert
werden. Diese Datei soll bei der Arbeitsverwaltung geführt werden. Um Unternehmen von Meldepflichten zu
entlasten, erhalten bestimmte Behörden regelmäßig Informationen, während andere Behörden im Einzelfall auf
Anfrage unterrichtet werden.
Der datenschutzrechtliche Aspekt dieses Vorhabens wird
in den Fällen deutlich, in denen das Unternehmen mit einer natürlichen Person weitgehend identisch ist, wie z. B.
bei Freiberuflern, Landwirten und anderen Selbständigen,
weil hier die bundeseinheitliche und behördenübergreifende Nummer dieser natürlichen Person zugeteilt wird.
Hier ist zu beachten, dass der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages am 5. Mai 1976 in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesdatenschutzgesetzes,
die Beachtung des folgenden Grundsatzes gefordert hat:
„Die Entwicklung, Einführung und Verwendung von Numerierungssystemen, die eine einheitliche Numerierung
der Bevölkerung im Geltungsbereich dieses Gesetzes ermöglichen (Personenkennzeichen), ist unzulässig.“
Daraufhin wurden seinerzeit die bereits angelaufenen Arbeiten zur Einführung eines Personenkennzeichens eingestellt, und auch in späteren Gesetzen spiegelt sich diese
politische Ansicht wieder. Das Bundesverfassungsgericht
hat in seinem „Volkszählungsurteil“ von 1983 den Grundgedanken der Unvereinbarkeit eines allgemeinen Personenkennzeichens mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht unmissverständlich wiederholt und auch der
Einigungsvertrag von 1990 fordert dazu auf, Dateien der
ehemaligen DDR, die nach Personenkennzahlen geordnet
sind, unverzüglich nach anderen Merkmalen umzuordnen

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