Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
– 159 –
Drucksache 14/5555
Deshalb sieht der Entwurf des SGB IX vor, dass die Rehabilitationsträger nähere Regelungen, wie die Zusammenarbeit erfolgen soll, welche Aufgaben im einzelnen
bestehen und welche Organisationsformen gewählt werden sollen, in gemeinsamen Empfehlungen vereinbaren.
Insgesamt erscheint es daher sinnvoll, datenschutzrechtliche Regelungen in diese Empfehlungen aufzunehmen,
mit denen die einzelnen Vorhaben konkretisiert werden
sollen. Ich habe gegenüber dem BMA auf eine gesetzliche
Regelung gedrungen, nach der ich an der Vereinbarung
der gemeinsamen Empfehlungen durch die Rehabilitationsträger zu beteiligen bin.
des Arztgeheimnisses untergraben. Deshalb wirken die
Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder in
Gremien zur Förderung der Telematik in der Medizin aktiv mit und unterstützen mit ihrem Rat entsprechende
Projekte. Und es ist keineswegs ein Einzelfall, dass Software-Firmen oder andere Akteure auf diesem Gebiet ihre
Vorstellungen einem Datenschutzbeauftragten präsentieren, um sich schon bei der Entwicklung beraten zu lassen.
Zu meinem Bedauern habe ich ein Recht für behinderte
Menschen, selbst einen Gutachter vorschlagen zu können,
wenn eine Leistung von einer Begutachtung abhängt,
nicht durchsetzen können. Das BMA hat sich in dieser
Frage an der Regelung des SGB VII orientiert. Insofern
sieht der Wortlaut des Entwurfs des SGB IX vor, dass der
Rehabilitationsträger wenigstens drei Gutachter benennt.
Nach der Begründung können auf Antrag des Leistungsberechtigten auch andere geeignete Sachverständige herangezogen werden.
Gemessen an den technischen Möglichkeiten und der
Leistungsfähigkeit der entsprechenden Sektoren der Wirtschaft bleibt die Nutzung der Telematik für das Gesundheitswesen deutlich zurück. Ein wesentlicher Grund dafür
– vielleicht sogar der entscheidende – ist, dass die erforderliche und über die Grenzen der einzelnen Leistungserbringer hinausreichende Koordinationsarbeit nicht im
ausreichenden Umfang geleistet wurde. Dabei geht es
nicht nur um die Definition von Datensätzen, der notwendigen Basis automatisierter Kommunikation, sondern
auch um die Einbettung der Kommunikation in die Datenverarbeitung der beteiligten Instanzen. Es müssen auch
Sicherheits- und Garantiestrukturen erarbeitet werden,
damit ein Arzt, der von Kryptografie und den Methoden
zur Beurteilung der Angriffsresistenz einzelner Verfahren
nichts versteht, nicht verstehen will und auch gar nichts zu
verstehen braucht, sich auf die Sicherheit seiner Kommunikation verlassen kann. Nicht zuletzt ist auch dafür zu
sorgen, dass derjenige, der für eine andere Einrichtung
eine (Informations-)Leistung erbringt, dafür ein angemessenes Honorar enthält. Bezogen auf das Beispiel der
Teleradiologie (s. o. Nr. 25.1) müssen u. a. die technischen
Standards festgelegt werden, nach denen nicht nur der
Spezialist in dem Zentrum, das ein Pilotprojekt durchführt, mit ausgewählten Stellen in seinem Einzugsbereich
automatisch diese Daten gesichert austauschen kann, sondern möglichst alle interessierten Stellen das Wissen entsprechender Spezialisten nutzen können. Diese Standards
müssen dann so überzeugend vertreten werden, dass die
Firmen, die solche Geräte und die Kommunikationsprogramme herstellen, sich daran halten und nicht versuchen,
mit Eigenentwicklungen sich Teilmärkte zu schaffen.
25
Gesundheitswesen
25.1
Telematik in der Medizin
Gesundheits-Telematik ist der Sammelbegriff für viele
unterschiedliche Anwendungen der Telekommunikation
und der modernen Informatik im Gesundheitswesen.
Dazu gehören das Unterstützen der Betreuung und Behandlung einzelner Patienten, das Gewinnen und Nutzen
von Erfahrungen über den Erfolg verschiedener Therapien, aber auch das Rationalisieren von Verwaltungsarbeiten. Ein Musterbeispiel für Gesundheits-Telematik ist
die schon heute praktizierte Teleradiologie. Dabei wird
das von einer Einrichtung erzeugte digitalisierte Röntgenbild zu einem Spezialisten übertragen, der dazu seine
Diagnose stellt und sofort an die Einrichtung sendet, die
damit den Patienten ohne wesentliche Verzögerung sachgerecht behandeln kann. Andere, zum Teil erst in der Zukunft zu erwartende Anwendungen sind der elektronische
Arztbrief (s. u.Nr. 25.1.2), die virtuelle elektronische Patientenakte (s. 17. TB Nr. 25.2.2) und die Vernetzung medizinischer Einrichtungen (s. 17. TB Nr. 25.2).
Bei den Bemühungen, aus Perspektiven der Telematik
nützliche Anwendungen für die Medizin zu realisieren, ist
Datenschutz stets ein wichtiges Projektziel. Es besteht ein
breiter Konsens über das Prinzip, personenbezogene Gesundheitsdaten nur mit dem Wissen und Wollen des jeweiligen Patienten zu verarbeiten, und darüber, dass wirksame technische und organisatorische Maßnahmen zu
treffen sind, damit diese Vorgabe stets eingehalten wird.
Denn jede unzulässige Verarbeitung von Gesundheitsdaten schädigt nicht nur den Betroffenen, sondern sie kann
auch das notwendige Vertrauen in die generelle Wahrung
25.1.1 Das Aktionsforum Telematik im Gesundheitswesen
Außerdem ist zu klären, ob Namen und Anschriften der
Patienten an den Spezialisten zu übermitteln sind. Ein Verzicht auf die medizinisch nicht notwendige Weitergabe
dieser Daten wäre sinnvoll, um die Risiken der Datenübertragung so weit wie möglich zu vermindern. Er ist aber
dann nicht möglich, wenn diese Daten zur Leis-tungsabrechnung durch den Spezialisten erforderlich sind.
Das Erarbeiten konsistenter Lösungen und ihr wirksames
Vertreten im Markt und bei Bedarf auch in der Politik, die
für die gesetzlichen Rahmenbedingungen zuständig ist,
kann offenbar nicht nur von Personen geleistet werden,
die am Rande ihrer beruflichen Tätigkeit sich aus besonderem Interesse auch mit diesen Problemen beschäftigen.
Fortschritte in angemessener Zeit benötigen mehr Ar-