Drucksache 14/5555
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dürftigen, älteren Menschen dem Qualitätsmanagement
schutzlos geopfert werden.
Bei der Vorbereitung beider Gesetzentwürfe habe ich
nach Abstimmung mit den Landesbeauftragten für den
Datenschutz den federführenden Bundesministerien
(BMG und BMFSFJ) Hinweise zum Datenschutz gegeben. Dabei habe ich insbesondere gebeten, zu überprüfen,
ob die Datenübermittlungen in dem vorgesehenen Umfang tatsächlich erforderlich sind, ob der Kreis der Empfänger von Datenübermittlungen nicht eingeschränkt
werden kann und ob Daten immer personenbezogen übermittelt werden müssen oder ob nicht eine anonymisierte
Datenübermittlung ausreicht. Beide Bundesministerien
waren bereit, die aus datenschutzrechtlicher Sicht erforderliche Ergänzung der Gesetzentwürfe vorzunehmen.
Dabei sind die von mir gegebenen Anregungen im wesentlichen aufgegriffen worden.
Ich gehe davon aus, dass auch im Rahmen der parlamentarischen Beratungen der Gesetzentwürfe meinem Anliegen, den Datenschutz auch in diesem sensiblen Bereich
der Pflegeeinrichtungen und Heime und deren Kontrolle
zu stärken, Rechnung getragen wird.
24.1.2 Gemeinsame Verarbeitung und Nutzung
personenbezogener Daten durch Kranken- und Pflegekassen
Mit der Umsetzung des § 96 SGB XI, der die Rahmenbedingungen für die gemeinsame Verarbeitung und Nutzung
personenbezogener Daten durch Krankenkassen und
Pflegekassen festlegt, durch die Spitzenverbände der
Pflegekassen und der Krankenkassen habe ich mich bereits mehrfach befasst (vgl. 16. TB Nr. 24.1, 17. TB
Nr. 24.1). § 96 SGB XI sieht eine Festlegung der von den
Krankenkassen und Pflegekassen gemeinsam zu verarbeitenden und zu nutzenden Daten vor; im Hinblick auf
die von den Kassen verwendeten unterschiedlichen Programme und Systeme ist es aber nicht gelungen, den Datenkatalog zu präzisieren (vgl. 16. TB Nr. 24.1). Im Interesse eines praktikablen Gesetzesvollzugs habe ich eine
Änderung des § 96 SGB XI vorgeschlagen; hiernach dürfen die nach § 46 Abs. 1 SGB XI verbundenen Pflege- und
Krankenkassen personenbezogene Daten, die zur Erfüllung gesetzlicher Aufgaben jeder Stelle erforderlich sind,
gemeinsam verarbeiten und nutzen. Auf meine Initiative
hin ist eine entsprechende Änderung des § 96 SGB XI
während der parlamentarischen Beratungen in den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) aufgenommen worden (vgl. BT–Drs.
14/1977). In dem am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen
Gesetz (BGBl. I S. 2626), das Ergebnis eines Vermittlungsverfahrens ist, ist diese Änderung des § 96 SGB XI
jedoch nicht mehr enthalten.
Auf meine Veranlassung ist die von mir vorgeschlagene
Änderung des § 96 SGB XI aber nunmehr in den Entwurf
eines Gesetzes zur Qualitätssicherung und zur Stärkung
des Verbraucherschutzes in der Pflege (Pflege-Qualitätssicherungsgesetz) aufgenommen worden, der am 1. No-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
vember 2000 von der Bundesregierung beschlossen worden ist. Es wäre zu begrüßen, wenn die nunmehr vorgesehene Änderung des § 96 SGB XI alsbald in Kraft
treten würde.
24.2
Rehabilitations- und Schwerbehindertenrecht
Zum Ende des Berichtszeitraums wurde mir der Referentenentwurf zum Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch – SGB
IX – vom BMA zur Stellungnahme zugeleitet. Mit dem
Gesetzesvorhaben werden die bundesrechtlichen Regelungen des Rehabilitationsrechts für behinderte Menschen weiterentwickelt und zusammengefasst in das
Sozialgesetzbuch eingefügt. Mit diesem gesetzestechnischen Aufbau gelten die allgemeinen Bücher der Sozialgesetzbuches (SGB I, SGB IV, SGB X) auch für das
SGB IX. Da das Rehabilitationsrecht – verstanden als
Eingliederung von behinderten Menschen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft – bereits als Teil-Aufgabe in alle
sozialen Sicherungssysteme eingebettet ist, hat das
SGB IX als Sonderregelung für Schwerbehinderte auch
Geltung für die Arbeitslosenversicherung (SGB III), die
Krankenversicherung (SGB V), die Rentenversicherung
(SGB VI), die Unfallversicherung (SGB VII), die Kinderund Jugendhilfe (SGB VIII) und die Pflegeversicherung
(SGB XI). Bereichsspezifische datenschutzrechtliche
Regelungen sind im Entwurf des SGB IX nicht vorgesehen, so dass die Datenschutzvorschriften der einzelnen
Bücher, ergänzt durch die allgemeinen datenschutzrechtlichen Regelungen des SGB X, auch im Rehabilitationsrecht anzuwenden sind.
Mit dem Rehabilitations- und Schwerbehindertenrecht
soll die Koordinierung der Leistungen für behinderte
Menschen und die Kooperation der beteiligten Stellen
(z. B. Hauptfürsorgestellen, Selbsthilfeverbände) verbessert werden. Diese begrüßenswerte Zielsetzung und der
weitgehende Verzicht auf eine Festlegung von Organisation, Zuständigkeit und Verfahren bei verschiedenen Stellen erschweren jedoch eine datenschutzrechtliche Prüfung des Entwurfs zum SGB IX. Die datenschutzrechtliche Konzeption des Sozialgesetzbuches geht von abgrenzbaren Datenerhebungs- und Datenverarbeitungsschritten
aus. Diese sind mit der Nennung von Koordinierungsund Kooperationsaufgaben zwar vorausgesetzt, aus sich
heraus aber nicht klar genug erkennbar. Das zeigt sich insbesondere bei den erstmals im Rehabilitations- und
Schwerbehindertenrecht geschaffenen Servicestellen.
Diese bieten erste Anlaufstellen für behinderte Menschen.
Die Servicestellen haben nicht nur die Aufgabe, zu beraten und zu unterstützen, sondern sie sollen auch die
Entscheidung des jeweiligen Rehabilitationsträgers vorbereiten und zwischen mehreren Leistungsträgern koordinieren. Für die mit dieser Aufgabenstellung nicht
beschriebenen Datenflüsse sind aber keine Konkretisierungen vorgesehen. Entgegen der Absicht des Gesetzesvorhabens besteht damit das Risiko, dass Daten über
schwerbehinderte Menschen ausgetauscht werden, ohne
dass deren informationelles Selbstbestimmungsrecht ausreichend geschützt ist.