Drucksache 14/5555

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Die Neuorganisation umfasst auch die Gestaltung der Innenbereiche der Dienstgebäude. So werden in den Arbeitsämtern große, offene, gut überschaubare, häufig nur
durch Stellwände voneinander abgetrennte Kundenbereiche (Clearing-Stellen) eingerichtet. Aus mehreren datenschutzrechtlichen Eingaben ist jedoch ersichtlich, dass die
Kunden die Umgestaltung zu sog. Thekenlösungen nicht
immer für kundenfreundlich halten. So finden viele es
äußerst unangenehm und sie fühlen sich in ihrem Recht
auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, wenn ihre
Gespräche mit den Arbeitsamtsmitarbeitern aufgrund der
offenen räumlichen Gestaltung häufig gar nicht anders geführt werden können, als dass Sozialdaten von anderen
Kunden mitgehört werden.
Der bei diesem Projekt im Vordergrund stehende Servicegedanke darf nicht dazu führen, dass das Sozialgeheimnis
nach § 35 SGB I „auf der Strecke bleibt“, weil ein angemessener Schutz der personenbezogenen Daten nicht
mehr gewährleistet ist. Ich habe die BA daher aufgefordert, geeignete Vorkehrungen zu treffen, damit das unbefugte Mithören von Sozialdaten im „Arbeitsamt 2000“
künftig kein Thema mehr ist.
Dementsprechend wird jetzt versucht, durch geeignete
Möblierung und raumgestalterische Maßnahmen (Diskretionszonen, Trennwände usw.) den Anforderungen des
Datenschutzes Rechnung zu tragen. Darüber hinaus werden an den Clearing-Stellen nur Kurzanliegen (Abgabe
von Anträgen bzw. Bescheinigungen u. ä.) bearbeitet; umfangreichere Beratungen werden weiterhin in Kundenbüros durchgeführt.
Bei einem Kontroll- und Beratungsbesuch eines bereits
neu gestalteten Arbeitsamtes habe ich feststellen müssen,
dass ein „Arbeitsamt 2000“ – was die unberechtigte
Kenntnisnahme personenbezogener Daten im Kundenbereich anbelangt – trotz dieser Maßnahmen kein vergleichbar hohes Datenschutzniveau bietet wie ein herkömmliches Arbeitsamt mit geschlossenen Büroräumen. Das
Mithören der Gespräche wird teilweise zwar erschwert,
leider reichen die Maßnahmen jedoch nicht aus, um die
Kenntnisnahme durch Dritte immer zu verhindern.
Letztlich kann ich die Neuorganisation der Arbeitsämter
aus datenschutzrechtlicher Sicht aber mittragen, weil den
Kunden auch weiterhin die Möglichkeit geboten wird, ihr
Anliegen auf Wunsch in einem Büro vorzutragen.
Dadurch dass der Kunde durch Hinweisschilder auf diese
datenschutzgerechte Möglichkeit der Klärung seines Anliegens aufmerksam gemacht wird, kann er selbst entscheiden, ob die Thekenlösung seinem Anspruch an den
Datenschutz gerecht wird.
Die BA hat sich u. a. für die Umgestaltung ihrer Dienststellen entschieden, weil sie der Ansicht ist, Kundenfreundlichkeit zeichne sich durch kürzere Wartezeiten
und mehr Service aus. Ob die Kunden dies genauso sehen,
wird sich auch daran messen lassen, wie häufig sie sich
stattdessen für mehr Datenschutz entscheiden.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

20.4

Beurteilung von Arbeitsuchenden
bei Fortbildungs- und Trainingsmaßnahmen

Die Arbeitsämter bieten ihren Kunden eine Reihe von
Maßnahmen an, um deren Chancen zur Wiedereingliederung in das Berufsleben zu erleichtern. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um
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Trainingsmaßnahmen nach §§ 48 ff. SGB III,
Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung nach §§ 77 ff. SGB III
und

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berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen nach §§ 61 ff.
SGB III.

Zunehmend lassen die Arbeitsämter die Arbeitslosen von
Maßnahmeträgern hinsichtlich des individuellen Erfolges
einer Maßnahme beurteilen, was zu einem deutlichen Anstieg der Anzahl der Eingaben führte. In einem Fall war
die Beurteilung der Teilnahme an einer vom Arbeitsamt
veranlassten Maßnahme sogar in Form eines psychologischen Gutachtens erfolgt.
Bei den Maßnahmen handelt es sich um Sachleistungen
der BA an bestimmte Kundenkreise. Die Beurteilung der
Kunden erfolgt im Auftrag des jeweiligen Arbeitsamtes.
Das Arbeitsamt benötigt die Beurteilungen, um die betreffenden Kunden leistungs- und eignungsgerecht in Arbeit oder Berufsausbildung vermitteln zu können. Soweit
von den Trägern ausschließlich vermittlungsrelevante Angaben übermittelt werden, habe ich an deren Erforderlichkeit keine Zweifel. Ich habe die BA jedoch darauf hingewiesen, dass es an einer rechtlich einwandfreien
Regelung für die Erstellung der Beurteilung durch den
Maßnahmeträger und deren Übermittlung an das Arbeitsamt mangelt. Denn die bestehenden gesetzlichen Regelungen sind hierfür nicht ausreichend:
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bei den Trainingsmaßnahmen sieht § 48 Abs. 3 SGB III
lediglich eine Bescheinigung über die Teilnahme an
einer solchen Maßnahme für den Arbeitslosen vor, aus
der sich mindestens Art und Inhalt der Maßnahme ergeben,
bei den Maßnahmen zur Förderung der beruflichen
Weiterbildung nach den §§ 77 ff. SGB III wird ein
Maßnahmeträger u. a. nur dann vom Arbeitsamt für
eine Weiterbildungsmaßnahme anerkannt, wenn die
Maßnahme mit einem Zeugnis abschließt, das Auskunft über den vermittelten Lehrstoff gibt (§ 86
Abs. 1 Nr. 6 SGB III). Nach § 93 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
SGB III kann das Arbeitsamt von dem Träger der Maßnahme und den Teilnehmern Auskunft über den Verlauf
der Maßnahme und den Eingliederungserfolg verlangen,
bei den berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen
nach §§ 61 ff. SGB III, die sich an Jugendliche und
junge Erwachsene ohne berufliche Erstqualifikation
richten, fehlt es völlig an gesetzlichen Regelungen für

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