Drucksache 14/5555
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Straftat vorliegen müssen, bevor sie ihre Ermittlungen
aufzunehmen hat, ist die Außenprüfung der Arbeits- und
Hauptzollämter völlig unabhängig davon zulässig, ob
überhaupt ein Verdacht auf das Vorliegen einer rechtswidrigen Handlung eines Arbeitgebers bzw. eines Arbeitnehmers besteht. Als Arbeitgeber im Sinne dieser
Vorschriften gilt dabei auch ein Auftraggeber, der Selbständige (z. B. auf Honorarbasis tätige Dozenten, freiberufliche Vermögensberater oder Versicherungsvermittler)
beauftragt hat.
Tatsächlich dienen die Datenerhebungen zu Beginn einer
Außenprüfung in der Regel dazu, Anhaltspunkte für das
Vorliegen von Leistungsmissbrauch, illegaler Beschäftigung oder der Verletzung von sozialrechtlichen Meldepflichten zu finden, denen dann im Rahmen der weiteren
Prüfung im einzelnen nachgegangen werden kann. Erhoben werden daher von den mit der Außenprüfung beauftragten Beamten nicht nur personenbezogene Daten von
Bürgern, die im Verdacht stehen, gegen Bestimmungen
des Sozialgesetzbuches verstoßen zu haben, sondern – in
weitaus größerem Umfang – personenbezogene Daten
unbescholtener Bürger, deren Unschuld erst durch die
vorgenommenen Datenabgleiche nachgewiesen wird.
Außenprüfungen nach den §§ 304 ff. SGB III, 107
SGB IV werden überwiegend auf Baustellen vorgenommen. In solchen Fällen ergehen die notwendigen Prüfungsverfügungen mündlich. Datenschutzrechtlich von
Bedeutung ist, dass die erhobenen Daten in der Regel nur
dann gespeichert und weiterverarbeitet werden, wenn sich
bei der Erhebung die Relevanz der Daten für ein weiteres
Tätigwerden der Kontrollbehörde herausstellt, etwa weil
sich der Verdacht einer rechtswidrigen Tat ergeben hat.
Zahlreiche Unternehmen haben sich an mich gewandt,
von denen die Arbeitsverwaltung eine Auflistung der dort
auf Honorarbasis tätigen Auftragnehmer anforderte, um
festzustellen, ob Personen, die Sozialleistungen beziehen,
freiberuflich tätig sind und möglicherweise Einnahmen
beim Arbeitsamt nicht angeben. In diesen Fällen erhebt
und speichert die Kontrollbehörde zunächst eine Vielzahl
personenbezogener Daten, deren Relevanz für ein weiteres Tätigwerden des Arbeits- oder Hauptzollamtes erst
später geprüft wird. Den Petenten musste ich mitteilen,
dass ich zwar Verständnis für ihr Unbehagen habe, dem
Arbeitsamt Listen in maschinell auswertbarer Form mit
personenbezogenen Daten ihrer Auftragnehmer zu übergeben – in einem Fall betraf dies mehrere tausend Auftragnehmer, von denen möglicherweise nur wenige oder
gar keine gleichzeitig Arbeitslosenhilfe und Honorar aus
freiberuflicher Tätigkeit bezogen –, dass die gesetzlichen
Bestimmungen dieses Vorgehen der Arbeitsämter aber
grundsätzlich zulassen.
Allerdings habe ich mich gegen die vom jeweiligen Arbeitsamt auf der Basis einer Musterprüfungsverfügung erlassene umfassende Prüfungsverfügung gewandt, mit der
die Außenprüfung begonnen wurde. Dabei richten sich
meine Bedenken gegen die inhaltliche Unbestimmtheit
der Musterprüfungsverfügung. Ich teile die Auffassung
der hierzu ergangenen Rechtsprechung, dass der beson-
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deren Gefährdung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung in diesem Bereich durch den Einsatz der automatischen Datenverarbeitung durch darauf bezogene
rechtliche Vorkehrungen begegnet werden muss. Dies gilt
vor allem unter Berücksichtigung der weitgehenden Kontrollkompetenzen von Arbeits- und Hauptzollämtern bei
der verdachtslosen Prüfung. Nur bei ausreichenden Vorkehrungen zum Datenschutz halte ich daher entsprechende Regelungen für verfassungsgemäß. Je unbestimmter die gesetzlichen Regelungen sind und mit
Rücksicht auf den Normzweck und die Eigenart des zu
regelnden Sachverhalts auch sein dürfen, um so erforderlicher muss der Schutz des Rechts auf informationelle
Selbstbestimmung durch die Bestimmtheit der Regelung
des Einzelfalls durch Verwaltungsakt sein. Das Arbeitsoder Hauptzollamt hat daher schon in der schriftlichen
Prüfungsanordnung alle Regelungen zu treffen, die möglich sind, ohne den Prüfungszweck zu gefährden. Insbesondere hat es sich vor Erlass der Prüfungsverfügung über
den Umfang der Außenprüfung klar zu werden und
zunächst nur die Daten zu erheben, die erforderlich sind,
um Personen herauszufiltern, bei denen der Verdacht von
Leistungsmissbrauch oder illegaler Beschäftigung besteht.
In den o. g. Fällen, in denen sich Unternehmen an mich
gewandt hatten, habe ich erreicht, dass die jeweiligen Arbeitsämter ihre Prüfungsverfügung soweit konkretisiert
haben, dass einerseits die Datenerhebung auf das erforderliche Maß beschränkt blieb und andererseits der Kontrollauftrag des Arbeitsamtes nicht gefährdet wurde.
Da sich damit gezeigt hatte, dass die Prüfungsverfügung
des Arbeitsamts datenschutzgerecht formuliert werden
kann, habe ich der BA empfohlen, die in den mit dem
BMF herausgegebenen Gemeinsamen Richtlinien für den
Außendienst abgedruckte Musterprüfungsverfügung den
rechtsstaatlichen Erfordernissen anzupassen. Die mit der
Hausleitung der BA geführten Gespräche verliefen erfolgversprechend, weil von allen Seiten die Notwendigkeit der gesetzlichen Regelungen zur Bekämpfung von
Leistungsmissbrauch und illegaler Beschäftigung bejaht
und eine Lösung gefunden wurde, die sowohl dem Persönlichkeitsrecht des einzelnen als auch dem Kontrollzweck der gesetzlichen Regelungen gerecht wurde.
Es kommt nunmehr darauf an, auch auf Arbeitsebene die
rechtsstaatlich erforderliche Anpassung der von den Arbeits- und Hauptzollämtern benutzten Musterprüfungsordnung zu erreichen.
20.2
Post vom Arbeitsamt
20.2.1 Kundennummer im Sichtfenster
Immer wieder wenden sich Petenten an mich, weil sie es
für datenschutzrechtlich bedenklich halten, dass Arbeitsämter in ihren Briefen neben den Adressdaten auch
die Kundennummer im Anschriftenfeld (Sichtfenster) angeben.
Die BA hat mir hierzu mitgeteilt, dass jeder Kunde, unabhängig davon, ob er Leistungen beansprucht, eine