Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

der Vorstellung des Gesetzgebers auch wenig entsprechen, wenn der interne Datenschutzbeauftragte in Personalunion weitere datenschutzfremde Aufgaben hätte und
deswegen die eigentlichen Angelegenheiten des Datenschutzes auf „Hilfspersonal“ übertragen müsste.

19.4

Drucksache 14/5555

– 139 –

Diskretion auch beim BAföG-Antrag

Ein Petent bat um meine Unterstützung bei seiner Auseinandersetzung mit dem Studentenwerk. Er wollte verhindern, dass detaillierte Angaben über seine persönlichen
Verhältnisse, die er zur Neuberechnung von Sozialleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
(BAföG) für seinen Sohn machen musste, diesem bekannt
werden. Seine vorgetragenen Gründe dafür waren nachvollziehbar und überzeugend. Das Formular der Neuberechnung sah so viel Diskretion aber nicht vor, obwohl
das Problem im Prinzip schon länger erkannt und sinnvoll
gelöst war.
Bei dem normalen Antrag auf BAföG-Leistungen („Erklärung“ nach Formblatt 3/98) enthält das Formblatt nämlich den folgenden Hinweis für die Unterhaltspflichtigen
der Auszubildenden: „Diese Erklärung kann dem Amt
auch getrennt vom Antrag der/des Auszubildenden übersandt werden. Sollen Angaben über das Einkommen nicht
in den Bewilligungsbescheid aufgenommen werden, teilen
Sie dies bitte dem Amt für Ausbildungsförderung unter
Angabe von Gründen schriftlich mit.“
Weil eine solche Möglichkeit auf dem Formular für die
Neuberechnung nicht vorgedruckt war, bestand das Studentenwerk darauf, dass dem Studenten nicht nur die persönlichen Angaben des Vaters aus dem Änderungsantrag
zur Prüfung, sondern darüber hinaus – zum Vergleich –
auch noch die Angaben aus der früheren Erklärung nach
Formblatt 3/98 zu überlassen seien. Und obwohl der Unterhaltsverpflichtete (Vater) einsichtige Gründe für sein
Verhalten, das ihm in dem vorangegangenen Antrag 3/98
zugebilligt war, vortrug, lehnte das Amt die weitere Bearbeitung ab.
Ich habe daraufhin gegenüber dem für BAföG-Regelungen zuständigen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auf die unterschiedliche und widersprüchliche Berücksichtigung persönlicher Belange in
den Vordrucken 3/98 und 7/98 hingewiesen. Das BMBF
teilte meine Auffassung, dass die unterschiedliche Behandlung des Unterhaltsverpflichteten unvereinbar mit
der in § 50 Absatz 2 Satz 3 BAföG eröffneten Möglichkeit der Diskretion sei. Es setzte sich unverzüglich mit
dem zuständigen Landesministerium in Verbindung, welches das Studentenwerk anwies, die geänderten Einkommensdaten direkt beim Petenten zu erheben. Zur Klarstellung für den Verwaltungsvollzug soll der Vordruck
entsprechend geändert werden.
Der Vorgang verdeutlicht, dass trotz datenschutzgerechter
Grundsatzregelung Mängel beim Verwaltungsvollzug
auftreten können. Dabei wirken Mängel auf Formblättern
oder Vordrucken besonders nachhaltig, weil die Berücksichtigung schutzwürdiger Belange nicht nur in einem

Einzelfall unterbleibt, sondern bei allen Nutzungen dieses
Formblatts. Denn die ausführenden Ämter bearbeiten die
Anträge strikt nach den – von höherer Stelle – vorgeschriebenen Formblättern. Vordrucke von Behörden erheben – aufgrund ihres amtlichen Charakters – von sich aus
den Anspruch der Richtigkeit, die vom Bürger „vor Ort“
nur schwer in Zweifel gezogen werden kann.
Wie der Sachverhalt zeigt, sollten Bürger bei Bedenken
die Richtigkeit auch von amtlich vorgeschriebenen Formblättern hinterfragen und ihr Recht auf Datenschutz in Anspruch nehmen, wenn sie sich in ihren schutzwürdigen
Belangen beeinträchtigt fühlen.
In diesem Zusammenhang begrüße ich die Initiative des
BMBF, über die schnelle Reaktion im Einzelfall hinaus
auch alle anderen beim BAföG verwendeten Formblätter
– in Zusammenarbeit mit den ausführenden Ländern und
unter meiner Beteiligung – auf datenschutzgerechte Fassung zu überprüfen.

20

Arbeitsverwaltung

20.1

Weitgehende Kontrollmöglichkeiten der
Arbeitsämter wegen Leistungsmissbrauchs

Einen Schwerpunkt bei Eingaben aus dem Bereich der Arbeitsverwaltung bildeten im Berichtszeitraum Fragen zu
den Kompetenzen der Arbeitsämter bei Außenprüfungen
nach den §§ 304 ff. SGB III, 107 SGB IV zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und illegaler Beschäftigung. Danach ist es Aufgabe der Arbeits- und Hauptzollämter zu prüfen, ob
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Sozialleistungen zu Unrecht bezogen wurden,
ausländische Arbeitnehmer ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis oder zu ungünstigeren Bedingungen als
deutsche Arbeitnehmer beschäftigt werden,
Angaben des Arbeitsgebers, die für Sozialleistungen
erforderlich sind, zutreffend bescheinigt werden,
oder

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der Arbeitgeber seinen Meldepflichten gegenüber der
Einzugsstelle für die Sozialversicherung nachgekommen ist.

Zur Durchführung dieser Aufgabe hat der Gesetzgeber
den Arbeits- und Hauptzollämtern (zur Außenprüfung
durch ein Hauptzollamt s. o. Nr. 7.8) Befugnisse erteilt,
die tief in die Grundrechte der Bürger eingreifen. Dazu
gehören weitgehende Betretungs- und Prüfungsrechte
nach § 305 SGB III sowie nach § 306 SGB III Duldungsund Mitwirkungspflichten von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und jedem Dritten, der bei einer Außenprüfung
angetroffen wird. Im Gegensatz zu Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft, bei denen nach § 152 Abs. 2 StPO
„zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ für eine

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