Drucksache 14/5555
18.3
– 128 –
Personalaktenführung nach
„Alter Väter Sitte“
Zahlreiche Eingaben zu Personalakten haben mich veranlasst, bei verschiedenen größeren Behörden der Bundesverwaltung Personalakten einzusehen. Mit dem Neunten
Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften, das
nunmehr seit 8 Jahren in Kraft ist, wurden Form und Inhalt von Personalakten erstmals umfassend geregelt.
Hierzu habe ich mich in meinem 15. TB ausführlich
geäußert (Nr. 9.1.2 ff.). Für alle Personalakten (Grund-,
Teil- und Nebenakten) gilt, dass sie nur Unterlagen enthalten dürfen, die den Mitarbeiter betreffen und mit seinem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen (Personalaktendaten); andere
Unterlagen dürfen in die Personalakte nicht aufgenommen werden (vgl. § 90 Abs. 1 Satz 2 BBG). Des weiteren
darf für jeden Mitarbeiter nur eine Personalakte geführt
werden, d. h. „geheime“ Personalakten sind verboten.
Der dem Personalaktenbegriff zugrundeliegende unmittelbare innere Zusammenhang zwischen dem Mitarbeiter
und dem Dienstverhältnis erfordert eine generelle Umstellung aller Personalakten vom früher geltenden Vollständigkeits- zum Erforderlichkeitsprinzip. Personalakten, bei denen diese Umstellung als gelungen bezeichnet
werden kann, konnte ich bei den kontrollierten Behörden
nur vereinzelt vorfinden. Leider wurden die von mir eingesehenen Personalakten noch nach „alter Väter Sitte“ geführt, d. h. sie enthielten vollständig alle Unterlagen, die
beim Dienstherren über den Mitarbeiter anfallen – unabhängig davon, ob sie den beruflichen Werdegang betreffen oder mehr sachlichen oder auch privaten Charakter
haben.
Die nachfolgend beschriebenen Mängel bei der Personalaktenführung wurden bei der Bundesanstalt für Arbeit
(BA), beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, einem Hauptzollamt und einem Bundesvermögensamt festgestellt.
18.3.1 Grundakte
Viele Unterlagen, beispielsweise Lebensläufe, Schriftverkehr über die Beteiligung von Personalvertretungen,
Übersichten über den persönlichen und beruflichen Werdegang, Anforderung von Beurteilungen, Beurteilungsbeiträge, Gesprächsvermerke, Kurzbriefe waren in den
bei der Hauptstelle der BA geführten Personalakten bis zu
10-facher Ausfertigung in Grundakten vorzufinden.
Sowohl im Zusammenhang mit Beteiligungsverfahren
der Personalvertretungen als auch in Vermerken, in denen
Vorüberlegungen für mögliche Personalentscheidungen
festgehalten wurden, sind häufig die Namen mehrerer
Mitarbeiter genannt. Dies ist mit dem Personalaktengeheimnis (vgl. § 90 Abs. 3 BBG) nicht vereinbar; mit der
Aufnahme dieser Unterlagen in die Personalakte nimmt
z. B. der betroffene Mitarbeiter bei Einsichtnahme gleichzeitig Personalaktendaten seiner Kollegen zur Kenntnis.
Auch Auszüge aus dem Bundeszentralregister, die nach
Maßgabe des § 90e Abs. 2 BBG aus der Personalakte zu
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
entfernen sind, waren noch in den meisten der eingesehenen Akten. Eine Paginierung war in den Grundakten nur
teilweise, jedoch immer unvollständig vorzufinden. Teilund Nebenakten waren überhaupt nicht paginiert. In
großer Zahl vorgefundene Bewertungen ließen auch in
Fällen, in denen diese ungünstig sind oder dem betroffenen Mitarbeiter nachteilig werden können, nicht erkennen, inwieweit eine Anhörung erfolgte. Äußerungen der
Betroffenen zu den Wertungen (vgl. § 90b BBG) wurden
jedenfalls in den Personalakten nicht vorgefunden.
Beurteilungsbeiträge oder vorbereitende Stellungnahmen
sind, soweit sie nicht förmlich in die Beurteilung einfließen oder mit ihr eröffnet werden, nicht Bestandteil der
Personalakte. Sie sind daher ebenso, wie der vorbereitende Schriftverkehr, nicht zur Personalakte zu nehmen.
In den eingesehenen Grundakten fehlten auch das Inhaltsverzeichnis sowie das vollständige Verzeichnis aller
Teil- und Nebenakten (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 4 BBG), die
einen Überblick über die insgesamt für jeden Mitarbeiter
geführten Personalunterlagen erst ermöglichen.
18.3.1.1 Teilakten
Bei der Anlage von Teilakten ist auch zu beachten, dass
sachliche Gesichtspunkte eine Trennung bestimmter Unterlagen von der Grundakte erforderlich machen müssen
(vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BBG). Dies ist beispielsweise der
Fall bei der Erfüllung einer Aufgabe (z. B. Besoldung)
durch eine andere Behörde, der Beihilfe und auch bei Vorgängen, die nach einer bestimmten Zeit wieder aus der
Personalakte zu entfernen sind (z. B. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen).
Die bei der BA in Teilakten „Bezüge“ vorgefundenen Kopien von Kassenanordnungen, Schriftverkehr zur „Verbeamtungsuntersuchung“, Laborarztrechnungen mit detaillierter Darstellung der Blutwerte des Betroffenen sowie
Unterlagen über Beitragssätze von Ersatzkassen haben in
der Bezügeakte nichts zu suchen.
In einer Personalteilakte für „Unterlagen von vorübergehender Bedeutung“ wurden zahlreiche Arbeits-/Dienstunfähigkeitsbescheinigungen vorgefunden, die acht bis
zehn Jahre alt waren. Krankheitsblätter und Urlaubskarten, die als nicht-automatisierte Dateien ebenfalls als
Personalteilakten anzusehen sind, enthielten die entsprechenden Nachweise vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bis zum Kontrollzeitpunkt, obwohl sie spätestens fünf Jahre nach Ablauf zu vernichten sind (vgl. § 90f
Abs. 2 Satz 1 BBG).
18.3.1.2 Nebenakten
Nebenakten dürfen nur geführt werden, wenn die personalverwaltende Behörde nicht zugleich Beschäftigungsbehörde ist oder wenn mehrere personalverwaltende
Behörden für den Mitarbeiter zuständig sind; sie dürfen
nur solche Unterlagen enthalten, deren Kenntnis zur
rechtmäßigen Aufgabenerfüllung der betreffenden
Behörde erforderlich ist und die sich auch in der Grundakte oder in Teilakten befinden (§ 90 Abs. 2 Satz 3 BBG).
Allgemeiner Schriftverkehr darf in Nebenakten grund-