Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

15.3

– 119 –

Übersicht über alle Errichtungsanordnungen ist für meine Aufgabenerledigung erforderlich

Der MAD hat für jede automatisierte Datei, in der personenbezogene Daten gespeichert sind, eine Dateianordnung zu erstellen, vor deren Erlass meine Anhörung vorgesehen ist (§ 8 MADG i. V. m. § 14 BVerfSchG).
Nachdem ich bereits in meinem 15. TB (Nr. 27) deren
schleppende Vorlage kritisiert hatte, hat mir das BMVg in
der Zwischenzeit zahlreiche Dateianordnungen zur Anhörung übermittelt. Mit wenigen Ausnahmen, über die ich
mit dem BMVg noch im Gespräch bin, haben sich zu den
Dateianordnungen keine erörterungsbedürftigen datenschutzrechtlichen Bedenken ergeben.
Um mir einen Überblick über alle beim MAD geführten
Dateien mit personenbezogenen Daten zu verschaffen,
habe ich das BMVg bereits Mitte 1999 unter Hinweis auf
die in § 24 Abs. 4 BDSG normierte Mitwirkungspflicht
des Ministeriums bei der Erfüllung meines gesetzlichen
Auftrags um Übersendung einer entsprechenden Auflistung gebeten. Das BMVg hat hierzu anlässlich eines Informationsbesuchs beim MAD-Amt erklärt, dass es selbst
aus Gründen der Geheimhaltung bislang über eine solche
Übersicht nicht verfüge.
Die von mir geforderte Übersicht ist für meine Aufgabenerfüllung erforderlich, weil sie mir einen Überblick darüber verschafft, ob sich die beim MAD geführten Dateien
auf das erforderliche Maß beschränken. Sie erlaubt mir
zudem die Prüfung, ob alle entsprechenden Dateianordnungen unter meiner Beteiligung erlassen wurden.
Dazu erleichtert sie dem BMVg die ihm nach
§ 14 Abs. 2 BVerfSchG obliegende Pflicht, in angemessenen Abständen die Notwendigkeit der Weiterführung
oder Änderung der Dateien zu überprüfen. Im übrigen
werden solche Dateiübersichten auch bei den anderen
Sicherheitsbehörden des Bundes geführt, weshalb die
vom BMVg genannten Geheimhaltungsgründe nicht
stichhaltig erscheinen.
Nach mehrmaliger Erinnerung und längerer Diskussion
hat mir das BMVg kurz vor Redaktionsschluss die Übersendung einer solchen Übersicht doch noch zugesagt.

16

Bundesnachrichtendienst
– BND –

16.1

Gesetz zu Art. 10 GG (G 10)

16.1.1 Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999 zur Fernmeldeaufklärung des BND
Mit Art. 13 des Verbrechensbekämpfungsgesetzes vom
28. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3186) wurde das Gesetz zu
Art. 10 GG (G 10) umfassend geändert. Unter rechtlichen
Gesichtspunkten wurden die Aufgaben des BND durch

Drucksache 14/5555

die Novellierung zwar nicht erweitert. Er bekam aber die
Befugnis, seine zuvor nur auf die Abwehr der Gefahr eines bewaffneten Angriffs begrenzte sog. strategische
Kontrolle auf zusätzliche Gefahrenbereiche auszudehnen,
wenn auch beschränkt auf den internationalen, nicht leitungsgebundenen Fernmeldeverkehr. Die hierbei anfallenden personen- und sachbezogenen Erkenntnisse sind
im Rahmen dieser Befugniserweiterung an die für Maßnahmen der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung zuständigen Behörden – d. h. die Staatsanwaltschaften, Polizeibehörden und das Zollkriminalamt, aber auch die
anderen Nachrichtendienste – zu übermitteln.
Bereits kurz nach Inkrafttreten wurden gegen § 3 G 10
Verfassungsbeschwerden aus dem Bereich von Presse
und Wirtschaft erhoben. Das Bundesverfassungsgericht
erließ am 5. Juni 1995 eine einstweilige Anordnung, wonach bei Durchführung der Abwehrmaßnahmen erlangte
personenbezogene Daten nur dann verwendet und übermittelt werden dürfen, wenn bestimmte Tatsachen den
Verdacht eines bewaffneten Angriffs, internationaler
terroristischer Aktivität, der Proliferation oder Verbreitung von Kriegswaffen, des Waffen- oder Drogenhandels,
der Geldfälschung oder Geldwäsche begründen
(s. 17. TB Nr. 16.4). Ging es in der Entscheidung zum
Volkszählungsgesetz 1983 noch um die zwangsweise Erhebung personenbezogener Daten für statistische Zwecke
und deren mögliche Nutzung auch für Zwecke des Verwaltungsvollzugs, so betraf das Beschwerdeverfahren die
heimliche Informationsbeschaffung durch den BND
beim grenzüberschreitenden Fernmeldeverkehr. Solche
Beschränkungsmaßnahmen als Eingriff in das Grundrecht
nach Art. 10 GG auf unbeobachtete Kommunikation sind
nur zulässig mit dem Ziel, Nachrichten zum Sachverhalt
zu sammeln, deren Kenntnis notwendig ist, um der Gefahr
der Begehung der oben genannten Straftaten rechtzeitig
begegnen zu können.
Auf Ersuchen des Bundesverfassungsgerichts habe ich
am 20. März 1995 und am 4. Dezember 1996 zu den Verfassungsbeschwerden schriftlich Stellung genommen. An
der mündlichen Verhandlung am 15. und 16. Dezember
1998 habe ich gemeinsam mit einigen Landesbeauftragten für den Datenschutz Gelegenheit zu ergänzenden datenschutzrechtlichen Äußerungen bekommen.
Das Bundesverfassungsgericht hat am 14. Juli 1999 entschieden, dass das Gesetz zum Teil mit dem Grundgesetz
unvereinbar ist. Es hat der weiterhin bestehenden
grundsätzlichen Befugnis des BND, ohne Verdacht den
internationalen nichtleitungsgebundenen Fernmeldeverkehr mit elektronischem Raster, den sog. Wortdatenbanken, zu überwachen, deutliche Schranken gesetzt. Die
Rechte der Betroffenen bei der heimlichen Informationsbeschaffung werden gestärkt und der Übermittlungsbefugnis des BND an andere Behörden klare Grenzen
gesetzt. Auch muss die Datenschutzkontrolle im G 10-Bereich den gesamten Prozess der Erfassung und Verwertung der Daten umfassen und personell entsprechend ausgestattet sein. Eine meiner Forderungen (s. 17. TB
Nr. 16.4), eine effektive und lückenlose Datenschutzkontrolle im G 10-Bereich zu schaffen, ist damit aufgegriffen

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