Drucksache 14/5555
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sein, ob diese Theorie wirklich zu praktischen Erfolgen
führen wird, wenn mit der Datei längere Zeit gearbeitet
wurde.
Da mittlerweile Einvernehmen über die Errichtungsanordnung zur Geldwäsche-Verbunddatei beim BKA erzielt
wurde (s. o. Nr. 11.4), erscheint es mir angebracht, für die
Datei INZOLL-VHG mit Bezug auf die besonderen Gegebenheiten beim ZKA – u. a. fehlen noch bereichsspezifische Datenschutzregelungen – eine ähnliche Regelung
anzustreben. Zu den verbesserungsbedürftigen Tatbeständen zählen insbesondere die Beschränkung des Kreises
der zu erfassenden Personen, also der „Verdächtigen“,
sowie eine Verkürzung der Speicherungsdauer unter
Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
und in Anlehnung an die Regelung beim BKA.
13.3
Neapel II-Übereinkommen
Im 17. TB (s. Nr. 13.4) habe ich ausführlich über den Regelungsgehalt des Übereinkommens der EU-Mitgliedstaaten über gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit
der Zollverwaltungen vom 18. Dezember 1997, des sog.
Neapel II-Übereinkommens, berichtet. Der Vertrag bezweckt u. a., die Zusammenarbeit zwischen den Zollverwaltungen der EU-Mitgliedstaaten bei der Verhinderung,
Ermittlung und Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen Zollvorschriften zu verbessern. Er soll für die Anwender durch einen Kurzleitfaden ergänzt werden, der allerdings noch nicht fertiggestellt wurde.
Das federführende BMF hat im Jahre 2000 den Arbeitsentwurf eines Vertragsgesetzes zu dem Übereinkommen
nach Art. 59 Abs. 2 GG übersandt. Ich habe keine grundlegenden datenschutzrechtlichen Bedenken gegen den
Entwurf vorgebracht, jedoch darauf hingewiesen, dass ich
eine Verabschiedung, die zeitlich vor den notwendigen innerstaatlichen Regelungen im Zollbereich (s. o. Nr. 13.1)
erfolgt, für problematisch halte. Nach den Reaktionen der
Bundesressorts auf den Entwurf hat das BMF bis zum Redaktionsschluss noch keine Fortschreibung des Arbeitsentwurfs vorgelegt.
13.4
ZIS-Übereinkommen
Zu den wichtigen Vorhaben grenzüberschreitender Zusammenarbeit im Rahmen der dritten Säule der EU (Inneres und Justiz) gehört die Einrichtung eines Zollinformationssystems – ZIS – der Mitgliedstaaten (vgl. zuletzt
17. TB Nr. 13.5). Rechtsgrundlage ist das Übereinkommen über die Nutzung der Informationstechnologie im
Zollbereich vom 26. Juli 1995. Das ZIS der dritten Säule
soll im Auftrag der Mitgliedstaaten von der Europäischen
Kommission (OLAF), die selbst für das ZIS der ersten
Säule (Binnenmarkt) zuständig ist (s. o. Nr. 7.9), betrieben
werden. Es ist nach seiner Grundkonzeption eine Ausschreibungsdatenbank, ähnlich dem Schengener Informationssystem SIS (s. o. Nr. 11.9), und greift bei
n
n
nationalen Verboten und Beschränkungen des grenzüberschreitenden Warenverkehrs sowie
Geldwäsche bei der Vortat „Rauschgiftschmuggel“.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Trotz des langen Vorlaufs hat das ZIS seinen Wirkbetrieb
noch nicht aufgenommen. Während das zeitgleich unterzeichnete EUROPOL-Übereinkommen (s. o. Nr. 11.10)
bereits zum 1. Oktober 1998 in Kraft trat, kam es bei der
Ratifizierung des ZIS-Übereinkommens zu Verzögerungen, weil es bisher nicht alle EU-Mitgliedstaaten, unter
ihnen Deutschland, ratifiziert haben. Ergänzend zur Konvention wurde allerdings noch im Jahre 1995 eine Übereinkunft über die vorläufige Anwendung des Übereinkommens zwischen einigen Mitgliedstaaten der EU
unterzeichnet. Diese ergänzende Regelung trat zum
1. November 2000 in Kraft, weshalb es jetzt – abgesehen
von der Ratifizierung durch die restlichen Mitgliedstaaten
– nur noch der technischen Realisierung des Projekts bedarf. Der Testbetrieb war bei Redaktionsschluss noch
nicht aufgenommen.
Es gab vielfältige Gründe für die Verzögerung des Vorhabens, obwohl es nach dem Aktionsplan der EU zur
Bekämpfung der organisierten Kriminalität vom April
1997 bereits Ende 1998 in Kraft treten sollte. Zu den
rechtlichen Hürden zählte insbesondere ein Meinungsstreit unter den Mitgliedstaaten über die Zielsetzung des
ZIS. Ürsprünglich als Ausschreibungsdatenbank konzipiert, wollten einige Mitgliedstaaten das Vorhaben zu
einem Aktennachweissystem für Zwecke der Recherche
erweitern und hielten dies mit dem Wortlaut des Übereinkommens für vereinbar. Hiergegen hatte ich – ebenso wie
die Bundesregierung – Bedenken, weil dies nur mit erweiterten Datenfeldern und mit zusätzlichen Zugriffsrechten realisierbar gewesen wäre. Ein von der Bundesregierung als Alternative vorgeschlagener weiterer
Rechtsakt über die Einrichtung eines separaten Aktennachweissystems dürfte jedoch im Kreis der Mitgliedstaaten nicht mehrheitsfähig sein. Bei Redaktionsschluss
waren diese juristischen Fragen noch nicht abschließend
geklärt.
Unabhängig hiervon wurde im Rat auch über einen möglichen Zugriff von EUROPOL auf den ZIS-Datenbestand
diskutiert. Diese Option war ebenfalls für EUROPOL in
dem o. g. Aktionsplan vorgesehen. Ungeachtet der Regelung des Art. 7 Abs. 3 des ZIS-Übereinkommens, die eine
solche Öffnung vorsieht, habe ich mich, ebenso wie im
Falle des SIS (s. o. Nr. 11.10) gegen einen Direktzugriff
von EUROPOL auf das künftige ZIS ausgesprochen, zumal auch der formale Aspekt in Gestalt einer vorherigen
Anhörung der Kontrollinstanz nach Art. 18 des Übereinkommens noch nicht erfüllt war. Denn dieses Gremium
hatte sich bei Redaktionsschluss dieses Berichts noch
nicht konstituiert.
Die Bundesrepublik Deutschland ist dem ZIS-Übereinkommen noch nicht beigetreten, auch nicht dem zuvor erwähnten vorläufigen Verfahren. Zwar hat das federführende BMF bereits Ende 1998 den Arbeitsentwurf
eines Ratifizierungsgesetzes vorgelegt, doch mangels bereichsspezifischer Regelungen im Zoll- und Zollfahndungsbereich wurde dieses Vorhaben bald wieder ad acta
gelegt, bis die innerstaatlichen Voraussetzungen durch die
Schaffung bereichsspezifischer Regelungen erfüllt sind
(vgl. hierzu 15. TB Nr. 35.6 für die Zollverwaltung und
s. o. Nr. 13.1 für den Zollfahndungsdienst).