Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
12.4
Drucksache 14/5555
– 113 –
Zu viele Daten bei einer Abschiebung weitergegeben
Ein türkischer Staatsangehöriger hat sich nach der Abschiebung in sein Heimatland an mich gewandt, weil personenbezogene Daten bei der Abschiebung vom BGS an
türkische Behörden übermittelt worden waren. Ich habe
festgestellt, dass aufgrund BGS-interner Dienstvorschriften dem Empfängerstaat eine Aufzeichnung übergeben
wurde, aus der sich die Gründe der Abschiebung, nämlich
„unerlaubter Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland“ und „kriminelle Handlungen“, ergaben. Die Übermittlung zumindest der Information „kriminelle Handlungen“ halte ich für unzulässig, weil personenbezogene
Daten an öffentliche Stellen anderer Staaten nach den Bestimmungen des BGSG nur übermittelt werden dürfen,
soweit dies u. a. zur Erfüllung einer dem BGS obliegenden
Aufgabe erforderlich ist. Das betreffende Grenzschutzamt
hat nicht dargelegt, dass die Weitergabe der Informationen gegenüber der türkischen Grenzschutzbehörde zur
Durchführung der Abschiebung erforderlich war. Auch
die internen Bestimmungen des BGS zur Abschiebung
sind ein Indiz dafür, dass im vorliegenden Fall allenfalls
„unerlaubter Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland“ hätte übermittelt werden dürfen. Bei dieser Sachlage gewinnt § 33 Abs. 3 BGSG besonderes Gewicht,
wonach die Übermittlung personenbezogener Daten unterbleibt, wenn für den BGS erkennbar ist, dass unter
Berücksichtigung der Art der Daten und ihrer Erhebung
die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen das allgemeine Interesse an der Übermittlung überwiegen. Diese
Abwägung hatte der BGS im vorliegenden Fall nicht vorgenommen. Insoweit bewerte ich die Übermittlung des
Merkmals „kriminelle Handlungen“ als einen Verstoß gegen § 32 Abs. 3 i. V .m. § 33 BGSG.
Darüber hinaus hätte der BGS bei der Übermittlung den
Empfänger auf die zweckgebundene Verwendung der Daten hinweisen müssen. Ebenso hätte nach den Bestimmungen des BGSG den türkischen Behörden der vorgesehene Löschungszeitpunkt mitgeteilt werden müssen,
was ebenfalls unterblieben ist. Diese Verstöße gegen § 33
Abs. 6 Sätze 2 und 3 BGSG habe ich beanstandet. In seiner Stellungnahme hat mir das BMI entgegnet, der seinerzeit verwendete Vordruck sei nicht mehr in Gebrauch.
Als Grund für Rückführungen sei lediglich ein Hinweis
auf den illegalen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland anzugeben. Die „Bestimmungen über die
Rückführung ausländischer Staatsangehöriger auf dem
Luftweg“ seien ebenfalls neu gefasst worden; so wurde
festgelegt, dass ein Dokument mit den Abschiebungsgründen zwar mitzuführen sei, der ausländischen Grenzdienststelle aber nur auf deren Verlangen auszuhändigen
ist. Weitergehende Angaben, wie z. B. zu in Deutschland
begangenen Straftaten oder die Tatsache, dass der Rückzuführende einen Asylantrag gestellt hat, seien nicht darin
aufzunehmen.
13
Zollfahndung
13.1
Zollfahndungsdienstgesetz
– endlich – in Vorbereitung
Die Bundesregierung erarbeitet derzeit, 17 Jahre nach
dem Volkzählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts,
einen Referentenentwurf für ein Zollfahndungsdienstgesetz, welches Aufgaben und Befugnisse des Zollkriminalamtes und des gesamten Zollfahndungsdienstes regeln
soll. Es bleibt zu hoffen, dass das Gesetzgebungsverfahren zügig durchlaufen wird, damit endlich die Tätigkeit
auch dieser Bundespolizeibehörde entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum informationellen Selbstbestimmungsrecht auf eine bereichsspezifische
und normenklare Rechtsgrundlage gestellt wird, die – unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – die
Verwendung personenbezogener Daten auf einen gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt. Die Bundesregierung
käme damit im übrigen auch einer Forderung des Deutschen Bundestages anlässlich der Billigung einer Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu meinem
16. TB nach (vgl. 17. TB Nr. 13.1).
13.2
INZOLL-VHG
Neben den Polizeibehörden des Bundes und der Länder
sind auch der Zollfahndungsdienst und das ZKA zur
Bekämpfung der Geldwäsche nach § 261 StGB zuständig,
und zwar bei der Erforschung und Verfolgung der international organisierten Geldwäsche. Zur Unterstützung
dieser Aufgabe ist beim ZKA eine Datenbank INZOLLVHG (Verdacht, Hinweise, Geldwäsche) entwickelt worden, die im März 2000 nach jahrelangen Vorbereitungen
ihren Wirkbetrieb aufgenommen hat. Mittlerweile läuft
die Datei unter der Bezeichnung VHG. Bei der Anhörung
zu der hierzu erforderlichen Errichtungsanordnung habe
ich wie bei der Geldwäsche-Verbunddatei beim BKA
(s. o. Nr. 11.4), datenschutzrechtliche Bedenken erhoben,
die sich in erster Linie gegen den Kreis der zu erfassenden Personen richten. Denn in der Datei VHG sollen
sämtliche dem Zollfahndungsdienst bekannt werdenden
personenbezogenen Daten aus Verdachtsanzeigen nach
§ 11 GWG, aus Bargeldkontrollen nach § 12a FVG
(s. u. Nr. 13.5) sowie von Zollbehörden übermittelte Daten mit Geldwäschebezug erfasst werden, ohne Rücksicht
darauf, ob die jeweiligen Meldungen tatsächlich einen begründeten Verdacht auf strafbare Geldwäsche auslösen
und ob die betroffene Person einer derartigen Tat in der
Folge beschuldigt wird. Ferner habe ich gegen eine Speicherung solcher Fälle für die Dauer von sechs Jahren votiert, weil ich diese lange Frist für unverhältnismäßig erachte. Trotz meiner grundlegenden Vorbehalte gegen die
Datei VHG, die ihrer Zwecksetzung nach zu einem erheblichen Teil der bloßen Verdachtsgewinnung bzw. -verdichtung dient, beharrt das BMF auf der Grundkonzeption
der Datei und der darin vorgesehenen Speicherung aller
Verdachtsanzeigen, weil nur so die Konzeption der Bundesregierung zur Geldwäschebekämpfung (sog. Puzzletheorie) umzusetzen sei. Es wird daher zu verifizieren