Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
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matik ergibt sich für solche Datensätze, bei denen Beschuldigte durch BGS-Dienststellen erkennungsdienstlich behandelt worden sind oder eine kurzfristige Untersuchungshaft verbüßt haben. Aus systemtechnischen
Gründen werden diese Informationen ebenfalls in Dateien
des BKA abgebildet mit der Folge, dass auch hier die Aussonderungsprüffrist für den BAN durch die längeren Fristen der BKA-Dateien verdrängt wird.
Ich habe den BGS aufgefordert, die Praxis der KAN-Speicherungen zu überprüfen, insbesondere in den Fällen, in
denen die hierfür erforderliche besondere Bedeutung und
Überregionalität im Sinne von § 2 Abs. 1 BKAG mit der
Begehung einer Straftat allein an einer bestimmten Örtlichkeit, z. B. an der Grenze, begründet wird. Aus meiner
Sicht ist es zudem problematisch, Daten zu Sachverhalten, die speziell die Aufgaben und Befugnisse des BGS
betreffen, in Dateien einzustellen, auf die auch andere Polizeien des Bundes und die Polizeien der Länder Zugriff
haben. Solange an dieser Systematik aber festgehalten
werden soll, müssten wenigstens erheblich kürzere Aussonderungsprüffristen festgelegt werden, insbesondere
bei der erstmaligen Speicherung personenbezogener Daten in einer dieser Dateien.
Die Kontrolle des BAN hat zudem ergeben, dass bei Speicherungen grundsätzlich die allgemeinen Aussonderungsprüffristen nach der Errichtungsanordnung angewandt
werden. Ich halte es für geboten, von der schematischen
Vergabe der Aussonderungsprüffristen abzugehen, da es
sowohl sachlich gerechtfertigt als auch unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten erforderlich ist, die
Aussonderungsprüffristen am Einzelfall orientiert flexibel zu vergeben. Die bisherige Handhabung zeigt, dass in
der überwiegenden Anzahl der Fälle die gespeicherten
personenbezogenen Daten während dieser Zeit nicht auf
die Erforderlichkeit der weiteren Speicherung überprüft
werden. Eine Überarbeitung der Errichtungsanordnung
BAN sollte darüber hinaus bei der Festlegung der Speicherungsdauer zu einer Differenzierung zwischen Personen kommen, die als Beschuldigte möglicherweise durch
ein Gericht verurteilt wurden und Personen, bei denen das
Verfahren im Wege der Einstellung nach § 153a StPO
oder § 154b StPO beendet wurde.
Das BMI teilt meine Auffassung zur Ergänzung der Errichtungsanordnung für den BAN in den genannten Punkten. Eine überarbeitete Fassung der Errichtungsanordnung lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.
Bei der Kontrolle des BAN habe ich zahlreiche Fälle beanstandet, in denen entgegen den Regelungen über die
Löschung personenbezogener Daten nach dem BGS-Gesetz in Verbindung mit der Errichtungsanordnung zum
BAN Datensätze nicht gelöscht und BAN-Akten nicht
vernichtet worden waren. Es handelte sich hierbei u. a. um
Verfahren, die von den Justizbehörden gemäß § 170
Abs. 2 StPO eingestellt worden waren, z. B. weil sich im
Rahmen eines zunächst eingeleiteten Ermittlungsverfahrens herausgestellt hatte, dass die dem Betroffenen zur
Last gelegte Tat nur als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden konnte. Zudem waren Fälle darunter, in denen die
Drucksache 14/5555
Aussonderungsprüffristen abgelaufen waren, die Dateispeicherung sowie die Akte ohne erkennbaren Grund aber
weiter vorgehalten wurde. Schließlich wurden Akten weiterhin aufbewahrt, obwohl die entsprechenden Dateispeicherungen bereits gelöscht waren.
Das BMI hat die Beanstandungen zum Anlass genommen,
in der betreffenden BGS-Dienststelle die Bereinigung des
Daten- und Aktenbestandes anzuordnen.
12.2.2 Datenverarbeitung in einer
BGS-Bußgeldstelle
Bei der Kontrolle der Datenverarbeitung der in der BGSDienststelle eingerichteten Bußgeldstelle habe ich folgende Mängel festgestellt:
Verstöße nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz haben zu
personenbezogenen Speicherungen und entsprechenden
Aktenanlagen im BAN geführt. Es handelte sich in aller
Regel um Fälle, denen ursprünglich ein Verwarnungsbzw. ein Bußgeld zugrunde lag, welches nicht bzw. nicht
fristgerecht gezahlt wurde. Sofern die Erfassung nicht erforderlich ist, um bei Wiederholung des Tatbestandes
strafrechtliche Ermittlungen gegen den Betroffenen einleiten zu können, habe ich angeregt, in Anbetracht der
niedrigen Deliktschwelle in diesen Fällen generell auf
eine Erfassung im BAN zu verzichten. Auch insoweit
halte ich eine Ergänzung der Errichtungsanordnung für
den BAN für erforderlich.
In der Bußgeldstelle wurde eine (Excel-)Tabelle automatisiert geführt, in der personenbezogene Daten über verhängte Bußgelder verarbeitet wurden. Die Tabelle diente,
wie mir erläutert wurde, ausschließlich statistischen Zwecken. Das BMI teilt meine Bewertung, dass für diese
Zweckbestimmung die Speicherung personenbezogener
oder personenbeziehbarer Informationen nicht erforderlich ist. Obwohl es die Löschung der besagten Tabelle anordnete, wurde diese – wie eine Nachkontrolle in dem
BGS-Amt ergab – weiterhin in personenbeziehbarer Form
geführt.
Personen, gegen die ein Verwarnungs- oder Bußgeld festgesetzt worden war, wurden bundesweit zur polizeilichen
Fahndung ausgeschrieben. Dies wurde damit begründet,
dass wegen des unbekannten Wohnsitzes der Betroffenen
entsprechende Bescheide nicht zugestellt werden konnten. Betroffen waren auch Jugendliche. In einem Fall war
gegen eine 17-jährige wegen des unberechtigten Aufenthalts auf freier Strecke der Deutschen Bahn AG ein Verwarnungsgeld von DM 20,– verhängt worden. Die Ausschreibungen stellen einen Verstoß gegen die Regelungen
der einschlägigen Polizeidienstvorschrift dar, die im einzelnen die Voraussetzungen für Fahndungsausschreibungen festlegt. Zwar nimmt der BGS nach dem BGS-Gesetz
auch die polizeilichen Aufgaben nach dem Gesetz über
Ordnungswidrigkeiten wahr. Im Falle der Kostenbeitreibung von festgesetzten Verwarnungs- oder Bußgeldern
handelt er jedoch als Verwaltungsbehörde, der das Instrument der Ausschreibung zur Fahndung nicht zur Verfügung steht.