Drucksache 14/5555

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beiderseitigen Interesse von Internet-Nutzern und Internet-Betreibern liegt, das Vertrauen in dieses Medium zu
erhalten und keinen rechtsfreien Raum entstehen zu lassen. Zugleich begrüße ich, dass meine Dienststelle an den
bisherigen Beratungen mit den Providern beteiligt wurde.
Die Bemühungen führen aber nur dann zum Erfolg, wenn
sich die Polizei auch der datenschutzrechtlichen Vorgaben, die von den Internetbetreibern zu beachten sind, bewusst ist. Herausgabeverlangen, gestützt auf nicht einschlägige Rechtsvorschriften, führen zur Verunsicherung
der Provider über den Umfang ihrer Auskunftsverpflichtungen gegenüber den Polizei- und Sicherheitsbehörden
einerseits und der von ihnen zu beachtenden Löschungsverpflichtungen bezogen auf Nutzerdaten andererseits.
Ich werde die Aktivitäten der Sicherheitsbehörden im
Internet auch weiterhin aufmerksam beobachten, damit
die Datenschutzrechte der Internet-Nutzer gewahrt bleiben.

11.9

Rechtstatsachen – leider wenig
Neues

Bereits mehrfach (zuletzt 17. TB Nr. 11.2) habe ich die
Notwendigkeit einer wirksamen Erfolgskontrolle bei
strafprozessualen wie auch bei präventiv-polizeilichen
Eingriffsbefugnissen betont, wie z. B. bei der Telefonüberwachung (s. o. Nr. 6.4.2). Die Bundesregierung hat in
ihrer schriftlichen Stellungnahme zu meinem 17. TB
ebenfalls erklärt, dass die systematische Evaluation gesetzlicher Eingriffsinstrumente unter Einbeziehung der
Wissenschaft und des BfD einen Schwerpunkt der Arbeiten im Bereich der Inneren Sicherheit in dieser Legislaturperiode bilde.
Leider sieht die Realität anders aus. Der Gesprächskreis
„Rechtstatsachen“ beim BKA, in dem ich vertreten bin,
trat letztmals im März 1999 auf Einladung des BKA zu einem Meinungsaustausch über den Fortgang der verschiedenen Initiativen auf dem Gebiet der Rechtstatsachenforschung zusammen. Bis Redaktionsschluss hat keine
weitere Sitzung des Arbeitskreises stattgefunden. Das
BMI hat mir lediglich ergänzend über einige von ihm initiierte kleinere Auswertungsprojekte berichtet, die teils
abgeschlossen, teilweise aber auch nicht in Angriff genommen wurden.
Auch die Hoffnungen, die ich in die Tätigkeit der beim
BKA geführten Rechtstatsachensammelstelle gesetzt
hatte, haben sich nicht alle erfüllt. Das Themenraster, aufgrund dessen das BKA, das ZKA, der BGS und die
Landeskriminalämter Fallbeispiele aus der polizeilichen
Praxis in die von der Rechtstatsachensammelstelle betriebene Bund-/Länder-Fallsammlung anliefern, stammt aus
dem Jahr 1995. Ich habe Zweifel, dass die Rechtstatsachensammelstelle ohne Anpassung des Themenrasters an
die neuen Entwicklungen auch im präventiv-polizeilichen
Bereich ihre Aufgabe, dem Gesetzgeber durch das Sammeln empirischer Daten eine Basis zur Evaluierung der
vorhandenen rechtlichen Instrumentarien zu verschaffen,
sachgerecht erfüllen kann. Zudem verläuft die Datenanlieferung durch die Länder weiterhin nicht optimal, ohne dass

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

bisher Bestrebungen erkennbar sind, die zugrundeliegenden Meldeverfahren zu verbessern. Insbesondere wird die
Aufgabe der Rechtstatsachenstelle dadurch eingeschränkt,
dass sich ihr Auftrag auf das Sammeln von Rechtstatsachen beschränkt, also keinerlei Auswertungen zulässt.
Große Erwartungen setze ich auf das vom BMJ gestartete
Forschungsvorhaben „Rechtswirklichkeit und Effizienz
der Überwachung der Telekommunikation nach den
§§ 100a, 100b StPO“. Dem Projekt kommt deshalb große
Bedeutung zu, weil die Anzahl der Maßnahmen zur Telefonüberwachung seit Jahren steil ansteigt (s. o. Nr. 6.4.2),
was der Forschung angesichts der großen Zahl von Fällen
eine repräsentative Auswertung ermöglicht und Zufallsergebnisse ausschließt. Da eine Telefonüberwachung einen
besonders tiefen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis bedeutet, der an sich nur als „ultima ratio“ gedacht war, wird
eine Ursache-Wirkung-Analyse auch zu Erkenntnissen
für die politischen Entscheidungsträger beitragen. Die
Durchführung des Vorhabens hat sich infolge datenschutzrechtlicher Probleme bei der Datenanlieferung
durch die Länder etwas verzögert, doch hoffe ich, dass
diese Schwierigkeiten mit der im StVÄG 1999 (s. o.
Nr. 6.2) enthaltenen Forschungsklausel nunmehr behoben
sind. Mit Ergebnissen ist im Herbst 2001 zu rechnen.
Wegen der Bedeutung, die ich einer effizienten Gesetzesevaluation bei Eingriffsmaßnahmen im Hinblick auf den
Persönlichkeitsschutz beimesse, habe ich im Januar 2001
die hauptsächlich beteiligten Ressorts BMI und BMJ sowie das BKA zu einer Besprechung geladen, um eine Bestandsaufnahme der Bemühungen auf Seiten des Bundes
vorzunehmen. Bei der Gelegenheit habe ich nochmals an
die Teilnehmer appelliert, in ihren Anstrengungen für
mehr Evaluation von Rechtstatsachen nicht nachzulassen
und insbesondere die angefangenen Projekte zügig zum
Abschluss zu bringen, damit eine ausreichende Datenbasis für Maßnahmen des Gesetzgebers vorhanden ist.

11.10 Schengener Durchführungsübereinkommen
11.10.1 Gemeinsame Kontrollinstanz
Die Zusammenarbeit der Vertragsparteien von Schengen
verlief bis zum Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages
Mitte 1999 außerhalb des Rahmens der Europäischen
Union. Aufgrund des Protokolls zur Einbeziehung des
Schengen-Besitzstands in den Rahmen der EU, das dem
Vertrag von Amsterdam beigefügt ist, gehören wichtige Beschlüsse und Erklärungen des früheren Exekutivausschusses von Schengen zum gemeinschaftlichen Besitzstand,
auch solche mit Bezug zur Gemeinsamen Kontrollinstanz
(GKI). Die GKI ihrerseits hatte darauf gedrängt, dass auch
ihre eigenen Beschlüsse in den Schengen-Besitzstand aufgenommen werden. Dem ist der Rat leider nicht gefolgt und
hat am 20. Mai 1999 einen „Beschluss über eine Gemeinsame Kontrollinstanz auf der Grundlage von Art. 115 des
Schengener Übereinkommens vom 14. Juni 1985, betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an gemeinsamen Grenzen, unterzeichnet am 19. Juni 1990“, gefasst.

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