Drucksache 14/5555
– 100 –
nachvollziehbaren Prognoseentscheidung. Diese dürfte
allerdings nur äußerst schwer zu treffen sein. Ich habe
deshalb gegenüber dem BMI angeregt, auf die Erfassung
dieser beiden Hinweise zu verzichten. Das BMI teilt jedoch meine Rechtsauffassung nicht. Ziel sei es vielmehr,
mit der Einführung des Hinweises „REMO“ den Polizeivollzugsbeamten in Bund und Ländern eine entsprechende personenbezogene Information bei polizeilichen
Kontrollen vor Ort zukommen zu lassen, damit diese in
die Lage versetzt werden, geeignete polizeipräventive
oder -repressive Maßnahmen zu ergreifen.
Auch hinsichtlich der vom BMI behaupteten KAN-Relevanz dieser Daten kann ich dessen Auffassung nicht zustimmen. Ich vermag nicht zu erkennen, dass all diesen
Delikten im Bereich der Prävention oder Repression von
Straftaten länderübergreifende, internationale oder erhebliche Bedeutung beizumessen ist. Die hiermit verbundene
grundsätzliche Speicherung für die Dauer von zehn Jahren erscheint aus meiner Sicht weder sachgemäß noch
entspricht sie dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit.
11.2
INPOL-neu
Nach etwa 10 Jahren konzeptioneller Arbeit und ersten
Tests, über die ich mehrfach berichtet habe (zuletzt 17. TB
Nr. 11.9), wird INPOL-neu im Jahr 2001 mit einigen Anwendungen in den Echtbetrieb gehen. Bis dahin war für
den Datenschutz ein langer Weg zurückzulegen. Gemeinsam mit den Landesbeauftragten für den Datenschutz war
über schwierige Probleme zu beraten. So wurden Entschließungen der Konferenz der Datenschutzbeauftragten
des Bundes und der Länder zur
n
Auftragsdatenverarbeitung des Bundeskriminalamtes für Polizeien der Länder
und
n
Datenspeicherung im Kriminalaktennachweis (KAN)
gefasst (s. u. Nrn. 11.2.1 und 11.2.2).
11.2.1 Auftragsdatenverarbeitung des BKA
Meine Besorgnis darüber, im Zusammenhang mit
INPOL-neu Landesdatenbestände im Wege der Auftragsdatenverarbeitung beim BKA für die Länder zu verwalten, begründe ich vor allem damit, dass die rechtliche
Grundlage, auf die diese gestützt wird (§ 2 Abs. 5 BKAG),
nicht ausreichend ist. § 2 Abs. 5 wurde auf Initiative des
Bundesrates vor dem Hintergrund in das neue BKAG aufgenommen, dass für die bisher in Einzelfällen geübte Praxis auch weiterhin Bedarf bestehe, wenn z. B. für ein Verfahren in einem oder mehreren Ländern nur die
Datenverarbeitungsanlage und Datenverarbeitungsanwendungen des BKA eine sachgerechte Verarbeitung der
anfallenden Daten ermöglichen könnten (Bundestagsdrucksache 13/1550). Bei INPOL-neu ist der Sachverhalt
jedoch ein anderer. Mehrere Länder brachten vor, dass sie
aufgrund des entstandenen Zeitdruckes keine eigene Datenverarbeitung mehr für den Datenbestand aufbauen
könnten, der bisher auf Landesrechnern geführt wird.
Teilweise wurden für die Inanspruchnahme der Auftrags-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
datenverarbeitung Kostengesichtspunkte oder allgemein
strategische Gründe genannt. Nachdem wegen der rechtlichen Ausgangssituation zunächst lange gezögert worden
war – auch das BMI stand der Auftragsdatenverarbeitung
ablehnend gegenüber –, fasste der Arbeitskreis II „Innere
Sicherheit“ der Ständigen Konferenz der Innenminister
und Innensenatoren (IMK) der Länder am 5./6. April 2000
den Beschluss zur vorübergehenden Auftragsdatenverarbeitung von Landesdaten beim BKA. Hierfür wurde ein
Zeitrahmen von 4 Jahren geplant. Die IMK hat diesen Beschluss am 5. Mai 2000 bestätigt. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder stellten ihre
grundsätzlichen Bedenken zurück und waren bereit, eine
übergangsweise Datenverarbeitung unter bestimmten
Kautelen zu tolerieren, um einen verzögerten Betrieb von
INPOL-neu und damit verbundene erhebliche Kosten zu
vermeiden.
Die Polizei war jedoch an einer dauerhaften Auftragsdatenverarbeitung interessiert und initiierte eine erneute Beschlussfassung des AK II und der IMK mit dem Ziel einer
zeitlich unbefristeten Auftragsverarbeitung. Dagegen hat
die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und
der Länder den Beschluss vom 10. Oktober 2000 (s. Anlage 23) gefasst. Der AK II hat sich demgegenüber aber
mehrheitlich für eine dauerhafte Auftragsdatenverarbeitung
ausgesprochen. Die IMK hat diesen Beschluss bestätigt.
Damit ist es leider bei der divergierenden Auslegung des
BKAG geblieben. Ich habe darum dem BMI empfohlen,
das BKAG entsprechend zu ändern, wenn es denn politisch wirklich als notwenig angesehen wird, das BKA als
Auftragnehmer für die Länder tätig werden zu lassen, und
zwar über die bisherige Möglichkeit im begründeten Einzelfall hinausgehend. Legte man hier § 11 BDSG zugrunde, hieße das, dass die Länder dem BKA einen präzisen Auftrag erteilten, in dem die Datenverarbeitung und
-nutzung sowie die technischen und organisatorischen
Maßnahmen festgelegt sind, die eine sichere Verarbeitung
garantieren. Zu meinem Bedauern hat das BMI nicht vor,
das BKAG zu präzisieren, was zwangsläufig dazu führen
wird, dass die Landesbeauftragten und auch ich bei Beratungen und Kontrollen betreffend die im Rahmen von
INPOL-neu vorgesehene Auftragsdatenverarbeitung in
eine äußerst schwierige Lage gebracht werden.
11.2.2 Datenspeicherung im Kriminalaktennachweis
Ein weiteres Problem bei INPOL-neu betrifft die Frage, in
welchem Umfang personenbezogene Daten im KAN gespeichert werden dürfen. Konkret geht es darum, ob die
Polizeibehörden jede Information über eine Person im
KAN speichern dürfen oder ob in der Regelung des § 2
Abs. 1 BKAG tatbestandliche Beschränkungen liegen,
die dies nur dann zulassen, wenn jede Erkenntnis für sich
allein genommen die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Letzteres ist die Auffassung der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder (s. Anlage 19). Dagegen argumentieren die Vertreter der Polizeien und das
BMI mit der polizeifachlichen Notwendigkeit der Abbildung der kriminellen Historie einer Person und fordern
demzufolge, dass auch solche personenbezogene Daten