9. Anhang
9.1. Konkrete Fallbeispiele für den Einsatz der Maßnahmen nach § 8a Abs. 2 und 2a
BVerfSchG
9.1.1. Fallbeispiele zu § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2a BVerfSchG
(1) Fallbeispiel 1 (BND)
Der BND stellte damals gemäß § 2a S. 1 BNDG [a. F.] i. V. m. § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BVerfSchG
ein besonderes Auskunftsersuchen zur Aufklärung eines internationalen Geldwäsche-Falles
von erheblicher Bedeutung i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 G 10. Die damit eingeleitete Kontobewegungsabfrage zielte auf international agierende Netzwerke der Organisierten Kriminalität
(OK). Die Maßnahme wurde im Rahmen einer Kooperation mit zwei weiteren EU-Nachrichtendiensten durchgeführt. Das Auskunftsersuchen richtete sich an ein deutsches Finanzinstitut
(Sitz: Frankfurt/Main), das von besagten Netzwerken als Korrespondenzbank genutzt worden
war. Im Ergebnis konnten dank der Anfrage jedenfalls die Transaktionen mit mutmaßlichem
Geldwäschehintergrund als solche und die an den Transaktionen beteiligten Unternehmen
eindeutig identifiziert werden. Darüber hinaus ermöglichte das Ergebnis dieses spezifischen
Auskunftsersuchens Rückschlüsse auf weitere, zusätzlich involvierte Personen und/oder
Gesellschaften. In der Folge wurden im EU-Ausland polizeilich-exekutive Maßnahmen durchgeführt. Solche Kontobewegungsabfragen stellen daher ein wertvolles Instrument dar, um
Hintergrundinformationen zu illegalen Aktivitäten international agierender OK-Strukturen und
Geldwäsche-Netzwerke, aber auch für transnational agierende Terrorstrukturen und deren
Finanzströme zu gewinnen. Ihrer Natur nach dürften solche Abfragen v. a. Einzelinformationen
i. S. v. „bits and pieces“ erbringen, die ein Lagebild aufgrund ihres dokumentarischen
Charakters besonders belastbar ergänzen oder verifizieren bzw. falsifizieren. In dieser
beschränkten, aber wichtigen Funktion liegt ihr ND-spezifischer Wert.
(2) Fallbeispiel 2 (BfV)
Die Maßnahme des BfV richtete sich gegen eine Person, die verdächtigt wurde,
schwerwiegende Gefahren gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung durch die
Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen zu fördern. Im
Rahmen von Demonstrationen rief ein rechtsextremistischer Personenzusammenschluss
wiederholt offen zu einem gewaltsamen politischen Umsturz auf. Seine Mitglieder fielen immer
wieder durch politisch motivierte Straftaten gegen Menschen mit Migrationshintergrund,
vermeintliche linke Szeneangehörige und Polizeibeamte auf. Der Betroffene koordinierte in
seiner Rolle als einer von mehreren Rädelsführern eines rechtsextremistischen Personenzusammenschlusses diverse Finanztransaktionen, welche den organisatorischen Zusammenhalt der Gruppierung nachdrücklich förderten (Beginn: März 2015).
Mit der Maßnahme, die im Juni 2015 endete, war es möglich, die Schlüsselrolle des Betroffenen innerhalb der rechtsextremistischen Organisation herauszustellen. Das Auskunftsersuchen erbrachte den Nachweis dafür, dass der Hauptbetroffene die Transaktionen innerhalb
des Personenzusammenschlusses koordiniert und damit letztlich den organisatorischen
Zusammenhalt maßgeblich gefördert hat. Ferner erbrachte die Maßnahme Belege für die
Existenz sog. „Sektionen“ innerhalb der Organisation. Überdies konnten auf Grundlage der
Maßnahme die Mitgliedschaft bereits bekannter Personen nachgewiesen sowie bis dahin noch
nicht bekannte Mitglieder identifiziert werden. Unter Würdigung der dargestellten Ergebnisse
kann folglich der Nutzen der Maßnahme für die Begründung eines Vereinsverbotsverfahrens
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